Brewaeys A et al. |
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Sind Bedenken hinsichtlich der Kinderwunschbehandlung lesbischer und alleinstehender Frauen berechtigt? Journal für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie - Journal of Reproductive Medicine and Endocrinology 2005; 2 (1): 35-40 Volltext (PDF) Summary Keywords: Donor-Insemination, Kinderwunschbehandlung, Psychosomatik, Reproduktionsmedizin Ob man lesbischen Paaren oder alleinstehenden Frauen ("single mothers") Zugang zu einer Kinderwunschbehandlung gibt oder nicht, ist eine weiterhin kontrovers diskutierte Frage. Oft wurde argumentiert, daß für die gesunde psychologische Entwicklung eines Kindes ein Vater vorhanden sein muß und die Kinder lesbischer bzw. alleinstehender Mütter dem Risiko späterer psychologischer Probleme ausgesetzt sind. Um potentielle Risiken dieser "alternativen" Kinderwunschbehandlung zu untersuchen, muß man sich darüber im klaren sein, daß es essentielle Unterschiede zwischen lesbischen und alleinstehenden Müttern gibt. Die Mehrzahl der lesbischen Mütter haben ihre Kinder innerhalb einer stabilen Beziehung bekommen und die Donor-Insemination war dafür ihre "erste Wahl". Ihre Kinder wachsen in einer Familie mit zwei Elternteilen auf, in der die Versorgung des Kindes meist gleichberechtigt zwischen der leiblichen und der sozialen Mutter aufgeteilt ist. Dagegen erscheint es so, daß die Mehrzahl der heterosexuellen alleinstehenden Mütter dies als "letzte Möglichkeit, Mutter zu werden" erachten und nicht länger auf einen geeigneten Partner warten wollen. Zudem bedeutet die Abwesenheit eines zweiten Elternteils in den Single-Mutter-Familien eine zusätzliche Belastung für die Mutter wie auch für das Kind. Andererseits sind die "single mothers" fast ausschließlich heterosexuell, so daß die Kinder nicht mit potentiell homophoben Reaktionen der Umwelt umgehen müssen. Beide Familien-Typen haben die Verwendung eines Samenspenders gemeinsam. In einer Follow-up-Studie zeigte sich, daß über die Hälfte aller aus lesbischen Familien stammenden Kinder im Schulalter mehr über den Samenspender wissen wollten. Es gibt insgesamt nur wenige empirische Studien, die die Konsequenzen für die herangewachsenen Kinder untersuchen. Einige Daten lediglich jüngerer Kinder von lesbischen Familien nach Donor-Insemination sind nunmehr vorhanden: Soweit beurteilbar, konnte empirisch keinerlei Evidenz für Unterschiede in der Entwicklung des Verhaltens, der Emotionalität, der sozialen Fähigkeiten und der Geschlechtsidentität durch eine lesbische Mutterschaft gefunden werden. Demgegenüber ist über Kinder alleinstehender Mütter nach Donor-Insemination bislang nur sehr wenig bekannt. Diese Mütter erschienen jedoch in den meisten Studien insgesamt von hohem Bildungs- und Berufsstand, finanziell unabhängig und gesund. Obwohl es sich hierbei lediglich um vorläufige Ergebnisse handelt, resultieren daraus dennoch Konsequenzen für die gegenwärtige Praxis der Donor-Insemination. So erscheint eine adäquate Beratung vor einer Behandlung als notwendig, und zudem sollte die Problematik einer anonymen Samenspende angesprochen werden. |