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Fallbeschreibung
Glaser F  
Echokardiographie aktuell: Medikamentenumstellung und Echokardiographie

Journal für Kardiologie - Austrian Journal of Cardiology 2006; 13 (11-12): 387-389

Volltext (PDF)    Fallbeschreibung    Abbildungen mit Filmsequenzen   

Abb. 1: Vierkammerblick Abb. 2: Zweikammerblick Abb. 3: Parasternale Lange Achse Abb. 4: Mitralsegelspitzen Abb. 5: Flußbeschleunigung Abb. 6: Mitralisdoppler Abb. 7: Gewebedoppler Zum letzten Bild
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Keywords: EchokardiographieFallberichtmedikamentöse Therapie

Vorgeschichte
Die 75jährige Patientin wird wegen abdomineller Schmerzen und septischen Fieberschüben primär an der chirurgischen Abteilung aufgenommen. Als Ursache der Symptomatik findet sich eine Pyelonephritis bei Hydronephrose aufgrund von Nierensteinen im Kelchsystem der linken Niere und Ureterstein links. Urologischerseits erfolgte entsprechende antibiotische Therapie, das Einlegen eines Uretersplints zur Sicherung des Harnabflusses und reichlich Flüssigkeitszufuhr sowohl parenteral als auch oral. Der internistische Status war altersentsprechend, das EKG zeigte Sinusrhythmus, Rechtsschenkelblock. Die Dauermedikation bestand aus Tenoretic 1–0–0 und Urosin 300 1–0–0.
Das aktuelle kardiale Problem
Am 6. Tag nach der Aufnahme kam es nachts zu zunehmender Luftnot, weswegen eine akute internistische Begutachtung erfolgte. Klinisch litt die Patientin im Liegen an mäßiger Orthopnoe, über den Lungen waren feinblasige Rasselgeräusche zu hören. Beinödeme waren nur gering vorhanden. Echokardiographisch fanden sich morphologisch ein sehr gut kontraktiler, gering hypertropher linker Ventrikel ohne regionale Wandbewegungsstörung, ein mäßig vergrößerter linker Vorhof und ein unauffälliges Rechtsherz (Abb. 1–3). Die Aortenklappe war gering sklerosiert, die Mitralklappe zeigte deutliche Ringverkalkung, die Klappenfunktion jedoch war regelrecht. Es lag eine geringe Trikuspidalinsuffizienz vor, mit einer Jetgeschwindigkeit von 3,1 m/s, entsprechend einer leichten bis mäßigen pulmonalen Hypertonie. Nur bei genauer Beobachtung fielen eine endsystolische Vorwärtsbewegung der Mitralsegelspitzen sowie ein verzögerter Abfall der Geschwindigkeit des Flußprofils des CW-Dopplers des linksventrikulären Ausflußtraktes durch eine angedeutete endsystolische Flußbeschleunigung auf (Abb. 4, 5). Von seiten der diastolischen Parameter auffällig war eine mit 1,2 m/s sehr hohe E-Welle im Mitralisdoppler, das Verhältnis E-Welle und A-Welle (0,5 m/s) entsprach einem restriktiven Muster wie bei erhöhtem linksventrikulärem Füllungsdruck. Die frühdiastolische Myokardgeschwindigkeit (E´-Welle), gemessen am septalen Mitralring, lag mit 0,075 m/s knapp unterhalb des Normbereichs, im Sinne einer nur gering eingeschränkten Relaxationsgeschwindigkeit. Das E/E´-Verhältnis lag bei 16, was ebenfalls für einen erhöhten linksventrikulären Füllungsdruck spricht (Abb. 6, 7). Ein hohes E/E´-Verhältnis trotz relativ guter diastolischer Myokardgeschwindigkeit ist typisch für Überwässerung bei funktionell gutem Herzen. Dazu paßte die im nachhinein anhand der Infusions- und Ausscheidungsmenge abgeschätzte Plusbilanz von täglich 2 Litern über 5 Tage, bei anfangs eingeschränkten Harnmengen sowie deutliche Stauungszeichen im Cor-Pulmo-Röntgen. Eine sofort eingeleitete diuretische Therapie führte rasch zu Beschwerdefreiheit. Eine einige Tage später durchgeführte Lungenfunktionsprobe ergab eine leichte obstruktive Komponente, weswegen vom Lungenfacharzt der Betablocker abgesetzt wurde. In der ersten Nacht nach Absetzen des Betablockers klagte die Patientin über Herzrasen, Beklemmungsgefühl und Luftnot. Klinisch auffällig war nun ein neues Systolikum über der Herzbasis, das EKG zeigte eine Sinustachykardie von 130/min bei sonst unverändertem Befund. Echokardiographisch fand sich nun als wesentliche Änderung ein hyperkinetischer linker Ventrikel mit „Zusammenschlagen“ von Septum und Lateralwand (Abb. 8). Dopplerechokardiographisch ergab sich dazu passend eine endsystolische Flußbeschleunigung bis knapp 4 m/s mit maximaler Geschwindigkeit mittventrikulär (Abb. 9). In Summe handelte es sich um eine dynamische mittventrikuläre Obstruktion, die üblicherweise nur bei hypertroph-obstruktiver Kardiomyopathie oder bei ausgeprägter Linkshypertrophie auftritt. Die Akuttherapie bestand in i.v.-Gabe von 5 mg Isoptin, gefolgt von peroraler Gabe von 240 mg täglich. Es kam innerhalb von 10 Minuten zur Beschwerdefreiheit, das am nächsten Tag durchgeführte Echokardiogramm zeigte eine völlige Rückbildung der dynamischen Obstruktion.
Kommentar
1. Die echokardiographische Evaluierung der diastolischen Parameter gibt Aufschluß über den Füllungszustand des linken Ventrikels und war in diesem Fall sehr hilfreich in der Diagnose der iatrogenen Überwässerung.
2. Plötzliches Absetzen einer chronischen Betablockertherapie kann eine dynamische systolische Obstruktion linksventrikulär auch ohne Vorliegen einer ausgeprägten Hypertrophie oder einer hypertrophen Kardiomyopathie hervorrufen. Die Echokardiographie erlaubt die umgehende Diagnose, Quantifizierung und Behandlung dieser Komplikation.
 
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