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Beier HM (verantwortlicher Rubrik-Herausgeber Embryologie und Biologie)  
Tätigkeitsbericht der Zentralen Ethik-Kommission für Stammzellenforschung (ZES)
Sechzehnter Bericht nach Inkrafttreten des Stammzellgesetzes (StZG) für den Zeitraum vom 01.01.2018 bis 31.12.2018


Journal für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie - Journal of Reproductive Medicine and Endocrinology 2019; 16 (5): 213-220

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Tätigkeitsbericht der Zentralen Ethik-Kommission für Stammzellenforschung (ZES)

Sechzehnter Bericht nach Inkrafttreten des Stammzellgesetzes (StZG) für den Zeitraum vom 01.01.2018 bis 31.12.2018

1. Die Zentrale Ethik-­Kommission für Stammzellenforschung

Die Zentrale Ethik-Kommission für Stammzellenforschung (ZES) ­wurde erstmals mit dem Inkrafttreten des Stammzellgesetzes (StZG) im Jahr 2002 berufen. Das unabhängige und interdisziplinär zusammengesetzte Expertengremium prüft und bewertet Anträge auf Einfuhr und Verwendung humaner embryonaler Stammzellen (hES-Zellen) nach den Vorgaben des Stammzellgesetzes und gibt zu jedem Antrag eine Stellungnahme gegenüber der nach dem StZG zuständigen Behörde, dem Robert-Koch-Institut (RKI), ab. Die Tätigkeit der Kommission wird durch das Gesetz zur Sicherstellung des Embryonenschutzes im Zusammenhang mit der Einfuhr und Verwendung menschlicher embryonaler Stammzellen (Stammzellgesetz – StZG) vom 28. Juni 2002 (BGBl. I S. 2277, das zuletzt durch Artikel 50 des Gesetzes vom 29. März 2017 (BGBl. I S. 626) geändert worden ist, http://www.gesetze-im-internet.de/stzg/index.html), geändert durch das Gesetz zur Änderung des Stammzellgesetzes vom 14. August 2008 (BGBl. I S. 1708, sowie durch die Verordnung über die Zentrale Ethik-Kommission für Stammzellenforschung und über die zuständige Behörde nach dem Stammzellgesetz (ZES-Verordnung – ZESV) vom 18. Juli 2002 (BGBl. I S. 2663), die zuletzt durch Artikel 51 des Gesetzes vom 29. März 2017 (BGBl. I S. 626) geändert worden ist, http://bundesrecht.juris.de/zesv/index.html) geregelt.

Die Kommission ist ehrenamtlich tätig und besteht aus neun Mitgliedern und neun stellvertretenden Mitgliedern, die nach § 8 StZG die Fachrichtungen Biologie und Medizin (fünf Mitglieder) und die Fachgebiete der Ethik und Theologie (vier Mitglieder) vertreten (siehe Tab. 1). Die stellvertretenden Mitglieder nehmen ebenso wie die Mitglieder gemäß ZES-Verordnung regelmäßig an den Sitzungen und an der Beratung der Anträge teil.

Nach § 9 StZG ist es Aufgabe der Kommission, die beim RKI eingereichten Anträge auf Einfuhr und Verwendung von hES-Zellen im Hinblick auf ihre ethische Vertretbarkeit zu prüfen. Auf der Grundlage der von den Antragstellern eingereichten Unterlagen stellt die Kommission fest, ob ein beantragtes Forschungsvorhaben, für das hES-Zellen genutzt werden sollen, den Kriterien des § 5 StZG entspricht. § 5 StZG fordert, dass im Rahmen eines Antrags wissenschaftlich begründet dargelegt werden muss, dass a) mit dem Vorhaben hochrangige Forschungsziele für den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn verfolgt werden (§ 5 Nr. 1 StZG), b) die wissenschaftlichen Fragestellungen in anderen Systemen, beispielsweise in tierischen Zellmodellen, vorgeklärt worden sind (§ 5 Nr. 2 Buchstabe a StZG) und c) der angestrebte Erkenntnisgewinn die Verwendung von hES-Zellen erfordert (§ 5 Nr. 2 Buchstabe b StZG). Die ZES fasst die Ergebnisse ihrer Prüfung in einer schriftlichen Stellungnahme zusammen und übermittelt diese dem RKI.

Ihre Tätigkeitsberichte erstellt die ZES jährlich (§ 14 ZESV). Sie werden vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) veröffentlicht und sind auf den Internetseiten des BMG

(https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/begriffe-von-a-z/s/stammzellgesetz.html#c1091)

und des RKI

(http://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/ZES/Taetigkeitsberichte/taetigkeitsbericht_node.html) einsehbar.

2. Beratung und Prüfung von Anträgen nach § 5 StZG im Berichtszeitraum

Die ZES hat im Jahr 2018 vier Sitzungen durchgeführt und insgesamt acht Anträge auf Einfuhr und Verwendung von hES-Zellen beraten. Zu allen Anträgen hat die ZES positive Stellungnahmen abgegeben. Eine zusammenfassende Übersicht über die von der ZES positiv bewerteten Anträge, die vom RKI im Berichtszeitraum genehmigt worden sind, findet sich in Tabelle 2. Alle darin aufgeführten, von der ZES beratenen Vorhaben erfüllen die Voraussetzungen des § 5 StZG und sind in diesem Sinne ethisch vertretbar (§ 9 StZG).

Gegenstand des ersten in Tabelle 2 aufgeführten Forschungsvorhabens (133. Genehmigung nach dem StZG) ist die Gewinnung von Limbusstammzellen sowie daraus abgeleiteter reifer Limbusepithelzellen aus hES-Zellen zur Entwicklung neuer Strategien für die Rekonstruktion der kornealen Oberfläche bei Limbusstammzellinsuffizienz, wobei die Funktionalität der gewonnen Zellen auch im Tiermodell getestet werden soll. Bei der Limbusstammzellinsuffizienz handelt es sich um eine schwere Störung der Regeneration und Wundheilung des okulären Oberflächenepithels, die ggf. zur Erblindung führen kann. Effiziente Therapien für diese Erkrankung stehen bislang nicht zur Verfügung. Daher sollen hES-Zellen auf der Grundlage eines bereits etablierten und publizierten Protokolls in vitro und unter xenofreien Bedingungen zu Limbusstammzellen differenziert und umfassend auf ihre Zellidentität und ihren Reifungsgrad hin überprüft werden. Danach sollen die limbalen (Stamm-) Zellen auf verschiedene Trägermembranen aufgebracht und in Kaninchen transplantiert werden, bei denen zuvor eine Limbusstammzell­insuffizienz durch manuelle Limbektomie induziert wurde. Anhand verschiedener Parameter soll anschließend ermittelt werden, inwieweit aus hES-Zellen abgeleitete Limbusstammzellen (bzw. daraus abgeleitete reife Limbusepithelzellen) die Integrität der Augenoberfläche verbessern können. Zudem soll der Einfluss der verwendeten Immunsuppression auf das Transplantationsergebnis untersucht werden. Die genannten Untersuchungen sollen auch im Vergleich mit humanen induzierten pluripotenten Stammzellen (hiPS-Zellen) erfolgen. Aus den genannten Untersuchungen lassen sich aller Voraussicht nach neue Erkenntnisse über das Potential von aus humanen pluripotenten Stammzellen (hPS-Zellen) abgeleiteten Limbusstammzellen zur Rekonstruktion der kornealen Oberfläche gewinnen. Zudem werden bereits Fragen in Blick genommen, die in direktem Zusammenhang mit einer künftigen Nutzung solcher Zellen in der Klinik stehen. Dies wäre für die Behandlung der Limbusstammzellinsuffizienz, insbesondere im Falle der Erkrankung beider Augen, wenn nämlich kein autologes Zellmaterial für Transplantationszwecke zur Verfügung steht, von hoher Relevanz.

Im Mittelpunkt des zweiten Forschungsvorhabens (134. Genehmigung nach dem StZG) steht unter Verwendung von hES-Zellen die Etablierung von neuronalen Zell- und Organoidmodellen, an denen frühe Vorgänge der Methylierung des Proopiomelanokortin-Gens (POMC-Gens) in vitro untersucht werden können. Hintergrund dieser Forschungsarbeiten ist, dass beim Menschen eine verstärkte Methylierung in bestimmten Regionen des Gens für POMC mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung von Adipositas assoziiert ist. Dies könnte durch die Eigenschaften der POMC-Region bedingt sein, die die Kriterien eines sogenannten metastabilen Epiallels erfüllt. Im Rahmen der Arbeiten soll geklärt werden, wie variabel die Methylierung bestimmter Regionen des POMC-Gens ist und ob eine verstärkte Methylierung mit einer verminderten Expression dieses Gens (und folglich mit einer ver­minderten Sekretion von Melanozyten-stimulierendem Hormon, MSH) assoziiert ist. Hierfür werden geeignete hES-Zellen in den naiven Status überführt, in Richtung von Neuronen des Hypothalamus bzw. neuronaler Organoide differenziert und umfassend hinsichtlich der Methylierung des POMC-Gens und dessen Expression charakterisiert. Im nächsten Schritt des Forschungsvorhabens soll dann bestimmt werden, ob und inwieweit die Präsenz sog. C1-Metabolite und das Vorhandensein oder Fehlen transposabler Elemente (Alu-Elemente) die Methylierung der POMC-Gen­region in sich entwickelnden menschlichen Neuronen beeinflusst. Dabei sollen auch Veränderungen in der Methylierung der mit der POMC-Genregion assoziierten Histone und deren Variabilität in Abhängigkeit von den genannten Bedingungen bestimmt werden. Aus den Ergebnissen der genehmigten Arbeiten lassen sich aller Voraussicht nach neue Erkenntnisse über mögliche Ursachen der inter-individuellen Methylierungsvariabilität des POMC-Gens und dem damit zusammenhängenden Risiko für die Entwicklung von Adipositas gewinnen.

Das dritte Forschungsvorhaben (135., 136., 137. Genehmigung) zielt auf die Aufklärung der molekularen Grundlagen von mentalen Retardierungssyndromen. Der Fokus des Vorhabens ist dabei auf seltene syndromale Erkrankungen gerichtet, von denen zwar bekannt ist, dass Mutationen in bestimmten Genen oder regulatorischen Elementen mit der Ausprägung der Erkrankung assoziiert sind, die aber als Folge eine Veränderung der epigenetisch gesteuerten Genregulation hervorrufen. Diese umfassen zum einen Imprinting-Erkrankungen (u. a. Angelman- und Prader-Willi-Syndrom) und zum anderen Syndrome, bei denen die Zusammensetzung von Chromatin-­Remodellierungs-Komplexen verändert ist (z. B. Coffin-, Siris- und Nicolaides-­Baraitser-Syndrom), sowie X-Chromosom-assoziierte Intelligenzminderungen, bei denen die X-Inaktivierung oder Kompensationsmechanismen eine Rolle spielen (Shashi-Syndrom, IQSEC2-Typ). Für die Etablierung entsprechender zellulärer Krankheitsmodelle sollen in hES-Zellen die krankheitsassoziierten Gene spezifisch genetisch modifiziert und die Auswirkungen auf die Eigenschaften der aus den entsprechenden hES-Zellen abgeleiteten neuronalen Vorläufer-(Zellen) und dreidimensionalen kortikalen Organoiden umfassend auf molekularer, morphologischer, funktionaler und (epi-) genetischer Ebene charakterisiert werden. Die Forschungsarbeiten können dazu beitragen, das Verständnis der molekularen und zellulären Prozesse zu erweitern, die bei der Pathogenese mentaler Retardierungssyndrome mit Störungen in epigenetischen Prozessen eine Rolle spielen.

Der Schwerpunkt des vierten Forschungsvorhabens (138. Genehmigung) unter Verwendung von hES-Zellen liegt zum einen auf der Etablierung und Optimierung von Zellmodellen für die Infektion menschlicher polarisierter Leberzellen mit dem Hepatitis-E-­Virus (HEV) und zum anderen auf der Identifizierung und Charakterisierung molekularer Mechanismen des polarisierten intrazellulären Transports und der Sekretion von HEV, die bislang nicht in allen Details bekannt sind. Dabei sollen ausgewählte Gene modifiziert und auf diesem Wege geklärt werden, wie zelluläre Komponenten des Wirts sowie virale Determinanten den polarisierten HEV-Transport steuern. Zur Durchführung der genannten Untersuchungen sollen sowohl Mutationsansätze (mittels CRISPR/Cas9-­Systemen), Immunfluoreszenzfärbungen, qRT-PCR- und Western-Blot-Analysen, Fluoreszenz-in-­situ-Hybridisierungen (FISH) als auch Live-Cell-­Imaging-Techniken verwendet werden. HEV-Infektionen gelten als die häufigste Ursache für eine Hepatitis; derzeit sind weltweit ca. 20 Millionen Menschen mit HEV infiziert, was zu etwa 3,3 Millionen akuten Hepatitiden mit ca. 56.000 Todesfällen pro Jahr führt, größtenteils in Entwicklungs- und Schwellenländern. Bei erfolgreicher Durchführung des hier genehmigten Forschungsvorhabens könnten authentische humane Infektionsmodelle für das Hepatitis-E-Virus geschaffen werden, mit denen neue Erkenntnisse über die molekularen Mechanismen des Zusammenbaus, Transports und der Freisetzung von HEV-Partikeln in humanen polarisierten Leberzellen gewonnen werden können. Dies wäre für die weitere Aufklärung der Pathogenese von HEV und die Identifizierung geeigneter therapeutischer Substanzen von erheblicher Bedeutung.

Das Ziel des fünften Forschungsvorhabens (139. Genehmigung) besteht darin, Methoden für die Bereitstellung ausreichender Mengen von aus hES-­Zellen abgeleiteten funktionalen reifen Beta-Zellen in hoher Qualität für künftige regenerative Therapien des Diabetes mellitus Typ 1 (T1D) zu entwickeln. Eine Heilung des T1D ist derzeit nicht möglich und effiziente Zellersatztherapien stehen bislang nicht zur Verfügung. Daher soll zum einen ein beim Antragsteller bereits etabliertes Differenzierungsprotokoll für die Gewinnung von Glukose-induzierbaren und Insulin-­sekretierenden pankreatischen Beta-Zellen an GMP-Bedingungen angepasst und weiter optimiert werden, um dadurch das für klinische Phase-1-Studien erforderliche Material bereitstellen zu können. Dabei soll insbesondere eine effiziente Vorgehensweise für die Anreicherung multipotenter pankreatischer Vorläuferzellen entwickelt werden, um genügend Zellmaterial für eine klinische Anwendung herstellen zu können, sowie eine bessere Reifung der pankreatischen Beta-­Zellen in vitro erzielt werden. Durch die Arbeiten können Voraussetzungen für eine Zellersatztherapie zur Behandlung des Diabetes mellitus beim Menschen geschaffen, aber auch wichtige Ergebnisse für die Grundlagenforschung erzielt werden. Insbesondere ist zu erwarten, dass die molekularen Prozesse, die bei der Beta-­Zell-Entwicklung beim Menschen ablaufen, weiter aufgeklärt werden können.

Gegenstand des sechsten Forschungsvorhabens (140. Genehmigung) ist die Aufklärung von gemeinsamen Mechanismen, die auf molekularer Ebene bei der Entstehung degenerativer Motoneuron-Erkrankungen wie beispielsweise der Amyo­trophen Lateralsklerose (ALS) und der Spinalen Muskelatrophie (SMA) ablaufen und die auf genomweiter Ebene bislang nur unvollständig bekannt sind. Die Degeneration von Motoneuronen führt zu Lähmungen von Armen und Beinen, aber auch der Schluck- und Atemmuskulatur. Eine kurative Therapie existiert derzeit nicht. Zunächst sollen in hES-Zellen mittels Genom-­Editierung (CRISPR/Cas9-Technologie) präzise genetische Veränderungen in mit verschiedenen Motoneuron-Erkrankungen assoziierten Genen eingeführt und die Auswirkungen der genetischen Veränderungen auf die Eigenschaften hES-Zell-abgeleiteter Motoneurone nach Fraktionierung der gewonnenen Zellen in Zellkörper (Soma) und Zellfortsätze (Neuriten) bestimmt werden. Durch Analyse des lokalen Proteoms, Transkriptoms und Translatoms soll geklärt werden, ob und inwieweit insbesondere Veränderungen in der subzellulären Lokalisation und Translation der RNA in Motoneuronen zur Ausprägung der Krankheiten beitragen. Ferner sollen identifizierte Signalwege, die den Motoneuron-Erkrankungen gemeinsam zugrunde liegen, weitergehend analysiert werden. Die Untersuchungen sollen auch im Vergleich mit hiPS-Zellen erfolgen, die von Patienten mit degenerativen Motoneuron-Erkrankungen gewonnen werden. Aus den Ergebnissen der Arbeiten können sich neue Erkenntnisse über dysregulierte Signalwege oder Prozesse ergeben, die eine zentrale Rolle bei der Pathogenese von Motoneuron-Erkrankungen verschiedener genetischer Ätiologie spielen. Dies könnte für die künftige Entwicklung neuer Therapien relevant sein, die z. B. auf die Wiederherstellung dysregulierter Signalwege oder Prozesse zielen.

Der Schwerpunkt des siebten Forschungsvorhabens (141. Genehmigung) liegt auf der detaillierten Untersuchung der bislang nicht erforschten Rolle von bestimmten Transkriptionsregulatoren (MYT1L sowie verwandter Faktoren), die bei neuronalen Differenzierungsvorgängen die Differenzierung in andere als neuronale Zelltypen unterdrücken und in terminal differenzierten neuronalen Zellen des Menschen die Erhaltung der Zellidentität gewährleisten. Mutationen im MYT1L-Gen sind beim Menschen mit neurologischen Entwicklungsstörungen und psychischen Erkrankungen wie Autismus und Schizophrenie, aber auch mit Gehirntumoren assoziiert. Dies deutet darauf hin, dass Fehler bei der Abschaltung von Genen anderer (nicht-neuronaler) Zelldifferenzierungsprogramme beim Menschen schwere Erkrankungen verursachen können. Um die Rolle von MYT1L in der neuronalen Entwicklung und bei der Erhaltung der neuronalen Zellidentität näher zu untersuchen, sollen genetische Veränderungen in das Gen eingeführt und die Effekte auf die entsprechenden hES-Zell-abgeleiteten neuronalen Zellen oder zerebralen Organoide umfassend auf molekularer und funktionaler Ebene analysiert werden. Zudem soll geklärt werden, mit welchen Faktoren der Transkriptionsrepressor MYT1L interagiert bzw. welche (Ziel-) Gene er reguliert, um alternative Differenzierungsprozesse in Neuronen dauerhaft zu unterdrücken und damit die neuronale Zellidentität aufrecht zu erhalten. Diese Forschungsarbeiten können zu neuen Erkenntnissen über die molekulare Funktion bestimmter Transkriptionsregulatoren bei der Induktion neuronaler Differenzierungsvorgänge und der Erhaltung der neuronalen Zellidentität in menschlichen Zellen beitragen. Zudem können sich aus den Ergebnissen neue Erkenntnisse über Prozesse ergeben, die zu Veränderungen in der neuronalen Zellidentität und in der Folge zur Entstehung neurologischer Entwicklungsstörungen und psychischer Erkrankungen wie Autismus und Schizophrenie oder zur Entwicklung von Gehirntumoren führen, wodurch sich langfristig auch neue Therapieansätze für die Behandlung dieser Krankheiten ergeben könnten.

Gegenstand des achten Forschungsvorhabens (142. Genehmigung) ist die Aufklärung der Rolle von Mutationen in nicht-kodierenden Genomsegmenten, die als „human accelerated regions“ (HARs) bezeichnet werden, bei der Entstehung von psychiatrischen Erkrankungen aus dem Spektrum der Autismusstörungen auf zellulärer Ebene. HARs zeichnen sich dadurch aus, dass sie während der gesamten Evolution der Wirbeltiere erhalten geblieben sind, sich aber beim Menschen deutlich von denen anderer Wirbeltiere unterscheiden. Sie fungieren größtenteils als regulatorische Elemente. Auffallend ist, dass HARs hohe Mutationsraten bei Kindern mit Autismus und geistiger Behinderung aufweisen; zudem gibt es eine Korrelation zwischen dem Auftreten bestimmter HAR-Mutationen und der Pathogenese von Autismus-Spektrum-Störungen (ASS). Auf welche Weise HAR-Mutationen zur Pathogenese von ASS beitragen und welche grundlegenden Funktionen HARs haben, ist jedoch bislang unzureichend erforscht. Um ein besseres Verständnis der Wirkungsweise von HARs zu erzielen, sollen zunächst mittels CRISPR/Cas9 ­homology-directed repair (CRISPR-HDR) HAR-Mutationen, die mit ASS einhergehen, in hES-Zellen eingeführt werden. Die veränderten hES-Zellen sollen dann in kortikale Neurone differenziert und diese umfassend auf transkriptioneller, morphologischer und elektrophysiologischer Ebene im Vergleich mit aus Wildtyp-hES-Zellen gewonnenen Neuronen untersucht werden. Insbesondere sollen die Konsequenzen verschiedener HAR-Mutationen auf Struktur und Funktion der Synapsen analysiert werden. Aus den Ergebnissen der Arbeiten können sich neue Erkenntnisse darüber ergeben, inwieweit HAR-Mutationen für die Entstehung von psychiatrischen Erkrankungen aus dem Spektrum der Autismusstörungen beim Menschen bedeutsam sind.

Weitere Informationen zum Inhalt der Forschungsvorhaben können dem Register des RKI (http://www.rki.de/DE/Content/Gesund/Stammzellen/Register/register-inhalt.html) entnommen werden. Die wesentlichen Argumente der ZES, die die Hochrangigkeit der Forschungsvorhaben, deren ausreichende Vorklärung sowie die Notwendigkeit der Nutzung humaner ES-Zellen begründen, haben jeweils auch Eingang in die Bewertung der Forschungsvorhaben durch das RKI gefunden.

Von den im Berichtszeitraum beratenen Neuanträgen wurden fünf von Forschern bzw. Institutionen eingereicht, die bislang nicht im Besitz einer Genehmigung nach dem StZG waren. Drei Anträge wurden von Forschern bzw. Institutionen gestellt, die bereits in der Vergangenheit Genehmigungen nach dem StZG erhalten hatten. Alle Anträge wurden nach Vorliegen der Stellungnahme der ZES vom RKI genehmigt. In ihrer nunmehr 16 Jahre währenden Tätigkeit hat die ZES zu insgesamt 139 Anträgen auf Einfuhr und/oder Verwendung von hES-Zellen Stellungnahmen gegenüber dem RKI abgegeben. Zusätzlich sind bislang insgesamt 36 Anträge auf Erweiterungen bereits genehmigter Projekte vom RKI genehmigt worden, wobei die ZES auch hierzu jeweils eine Stellungnahme abgegeben hat. Das RKI ist bei der Entscheidung über die Genehmigungsfähigkeit von Anträgen bislang in allen Fällen der Empfehlung der ZES gefolgt.

Das RKI hat seit Inkrafttreten des Stammzellgesetzes 142 Genehmigungen erteilt, die zum Teil erweitert wurden. Neunundzwanzig dieser Genehmigungen sind bislang erloschen. Gegenwärtig führen in Deutschland 80 Gruppen an 51 Forschungseinrichtungen genehmigte Forschungsarbeiten mit hES-Zellen durch.

3. Entwicklungen und Tendenzen der Forschung unter Verwendung humaner embryonaler Stammzellen in Deutschland

3.1. Entwicklung von In-vitro-­Krankheitsmodellen mit hPS-Zellen

Von den acht im Berichtszeitraum bewerteten Forschungsvorhaben beschäftigen sich fünf Vorhaben (siehe Tab. 2: Lfd.-Nr. 2, 3, 6, 7, 8) mit der Entwicklung von neuralen In-vitro-Zellmodellen für verschiedene Erkrankungen wie Adipositas, Autismus, Schizophrenie oder Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) sowie für Krankheiten, die mit Intelligenzminderung einhergehen, unter Verwendung von aus hPS-Zellen abgeleiteten neuronalen Zellen und/oder Gehirn-Organoiden, um auf diesem Wege zum Verständnis der molekularen Grundlagen der jeweiligen Erkrankung beizutragen und langfristig neue therapeutische Verfahren entwickeln zu können. Zudem geht es in einem weiteren Forschungsvorhaben (siehe Tab. 2: Lfd.-Nr. 4) um die Etablierung und Optimierung von Zellmodellen für die Infektion menschlicher polarisierter Leberzellen mit dem Hepatitis-E-Virus (HEV), um die molekularen Grundlagen der Infektion mit HEV besser als bislang zu verstehen und ggf. zur Identifizierung von Angriffspunkten für neue antivirale Therapien beitragen zu können.

3.2. Forschungsarbeiten zur ­Erzeugung therapeutisch nutzbarer Zellen aus hPS-Zellen

In zwei der im Berichtszeitraum bewerteten Forschungsvorhaben werden die Arbeiten mit der Zielstellung verfolgt, Methoden für die Gewinnung potentieller Ausgangsmaterialien für künftige klinische Anwendungen zu etablieren und die gewonnenen therapeutischen Zellen in entsprechenden präklinischen (Tier)Modellen zu testen (siehe Tab. 2: Lfd.-Nr. 1 und 5). In einem dieser Vorhaben sollen hES-Zellen zur Gewinnung von Limbusstammzellen sowie daraus abgeleiteten reifen Limbusepithelzellen genutzt werden, um neue Strategien für die Rekonstruktion der kornealen Oberfläche bei Limbusstammzellinsuffizienz zu entwickeln. In dem anderen Vorhaben zielen die Forschungsarbeiten unter Verwendung von hES-Zellen auf die Entwicklung von Methoden für die Bereitstellung von funktionalen Beta-Zellen, die unter GMP-Bedingungen in hoher Qualität und in für klinische Zwecke ausreichenden Mengen hergestellt werden sollen. Dies dient der Vorbereitung einer klinischen Phase-1-Studie zur Therapie des Diabetes mellitus Typ 1 (T1D) und ist gemäß §5 Nr. 1 hochrangige Forschung, da hiermit Grundlagen für neue therapeutische Verfahren zur Anwendung bei Menschen erarbeitet werden sollen. Die sich an das genehmigte Forschungsvorhaben anschließende routinemäßige Nutzung von hES-Zellen zur Herstellung ­eines klinisch einsetzbaren Zellproduktes wird vom Genehmigungsinhaber dabei bereits durchaus angestrebt.

In diesem Zusammenhang werden die Konsequenzen der im Stammzellgesetz verankerten Nutzungsbeschränkungen für hES-Zellen deutlich. Die Durchführung von klinischen Studien, in denen in Deutschland aus hES-Zellen hergestellte Zellen/Gewebe in Patienten transplantiert werden sollen, sind nach dem StZG voraussichtlich zulässig, da es sich hierbei um klinische Forschung handeln würde. Die routinemäßige (d. h. nicht mehr primär der Erlangung von Forschungsergebnissen dienende) Nutzung von hES-Zellen zur Herstellung eines entsprechenden Zellproduktes und dessen therapeutische Anwendung nach Abschluss der klinischen Prüfung sind dagegen nicht zulässig. Dies führte zu der paradoxen Situation, dass Forschungsziele zwar durchaus als hochrangig bewertet werden können, weil sie zur Schaffung der Grundlagen für neue therapeutische Verfahren zur Anwendung bei Menschen beitragen. Das langfristige Ziel solcher Forschungsarbeiten, das letztendlich in der Herstellung von Zellprodukten für klinische Zwecke besteht und somit auch eine routinemäßige Verwendung von hES-Zellen zur Herstellung dieses Zellproduktes einschließen würde, wäre jedoch – obwohl noch nicht unmittelbarer Antragsgegenstand – dann nicht genehmigungsfähig. Nach dem StZG sind für die Bewertung eines Forschungsvorhabens zwar die unmittelbaren Zielstellungen des jeweiligen Forschungsprojektes maßgeblich. Jedoch kann auch eine in Aussicht gestellte Anschlussnutzung der erzielten Forschungsergebnisse, die durchaus von erheblicher Bedeutung beispielsweise für die Therapie bislang nicht heilbarer Krankheiten sein können, nach wie vor erheblich zur Hochrangigkeit der Forschungsziele beitragen, selbst wenn eine Genehmigung entsprechender Arbeiten nach gegenwärtiger Gesetzeslage nicht möglich wäre.

Ferner führte bei einem der oben genannten Forschungsvorhaben (Lfd. 5) die Stichtagsregelung dazu, dass bereits mit hES-Zellen im Ausland durchgeführte Untersuchungen unter Nutzung stichtagsgerechter hES-Zellen erneut durchgeführt werden mussten. Die hES-Zell-Linie, deren Eignung für die beantragten Forschungsarbeiten bereits belegt war, entspricht nicht den Stichtags-Bedingungen des StZG. Um die Eignung einer anderen, diesmal stichtagsgerechten hES-Zell-Linie für das Forschungsvorhaben zu bestätigen sind redundante Arbeiten unter Verwendung von hES-Zellen erforderlich. Dies führt in der Konsequenz zu einem erhöhten Verbrauch von hES-Zellen.

Außerdem trat in Anträgen, die der ZES vorlagen, ein weiterer Sachverhalt zutage, nämlich die Aussicht, dass aus hES-Zellen abgeleitete Zellen künftig dazu beitragen können, die Zahl an Versuchstieren, die derzeit für medizinische oder pharmazeutische Zwecke verwendet werden, deutlich zu reduzieren. Dem StZG zufolge ist hierauf abzielende Forschung an hES-Zellen derzeit nicht genehmigungsfähig, wenn dies der ausschließliche Zweck des Forschungsvorhabens ist. Darüber hinaus ist eine über die Forschung hinausgehende standardmäßige Anwendung zuvor entwickelter, auf hES-Zellen basierter Tierversuchsersatzmethoden nach dem StZG derzeit nicht statthaft, insofern hierfür die Nutzung von hES-Zellen in Deutschland erforderlich ist. Der Sache nach besitzt das Anliegen, den Tierverbrauch zu reduzieren, jedoch inzwischen hohes Gewicht, auch durch die Aufnahme des Tierschutzes als Staatsziel in das Grundgesetz und durch Initiativen der EU. Zudem erbringt die Verwendung von humanem Zellmaterial erfahrungsgemäß für humanmedizinische und pharmakologische Zwecke weitere relevante Ergebnisse. Angesichts der Fortschritte der internationalen Forschung auf dem Gebiet des Ersatzes von tierischen Zellen durch stammzellbasierte In-vitro-Modelle wird deutlich, dass das Stammzellgesetz auch in diesem Punkt an Grenzen stößt.

3.3.Vergleichende Unter­suchungen an hiPS-Zellen und hES-Zellen

Vergleichende Untersuchungen an hiPS-Zellen und hES-Zellen sind im Jahr 2018 kein zentrales Thema der Forschungsvorhaben. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass sich die Forschung unter Verwendung von hES-Zellen bzw. hiPS-Zellen in zunehmendem Maße als eigenständige Forschungsfelder entwickeln. Lediglich in 2 der 10 im Berichtszeitraum genehmigten neuen Forschungsvorhaben werden hiPS-Zellen und hES-Zellen parallel untersucht (Abb. 1). Dabei werden hES-Zellen in einem Vorhaben als Referenzmaterial eingesetzt, um das Differenzierungspotential von hiPS-Zellen in den interessierenden Zelltyp einschätzen zu können (Tab. 2: Lfd.-Nr. 1). Zwischen verschiedenen hiPS-Zell-Linien bestehen erhebliche Unterschiede in Hinblick auf ihre Differenzierbarkeit. Solche Unterschiede können in der Ableitung der hiPS-Zellen aus genetisch verschiedenen Spendern mit jeweils unterschiedlichem genetischem Hintergrund, aber auch durch das Alter des Spenders begründet sein. Selbst beim selben Spender können starke linienspezifische Unterschiede durch Reprogrammierungsartefakte wie unvollständige Reprogrammierung oder reprogrammierungsbedingte De-novo-­Mutationen, durch den für die Reprogrammierung genutzten Zelltyp (Blutzellen, Fibroblasten, Keratinozyten etc.) oder die für die Reprogrammierung gewählte Methode verursacht werden. Im anderen Vorhaben (Tab. 2: Lfd.-Nr. 6), bei dem es darum geht, Motoneuron-Erkrankungen in vitro zu modellieren und Pathogenesemechanismen auf zellulärer Ebene aufzuklären, werden hiPS-Zellen von Zellen erkrankter Personen abgeleitet und mit hES-Zellen, in denen die für die Erkrankung ursächliche Mutation erzeugt wurde, sowie mit nicht-modifizierten hES-Zellen verglichen. Hier stellen hES-Zellen ein wertvolles Referenzmaterial dar, da so die Auswirkungen der jeweiligen genetischen Veränderung vergleichend mit nicht-modifizierten hES-Zellen vor einem ansonsten identischen genomischen Hintergrund untersucht werden können.

3.4. Anstieg der Anzahl ­klinischer Studien mit hPS-­Zellen im Ausland

Seit dem Jahr 2010 werden weltweit immer mehr klinische Studien unter Verwendung von aus hPS-Zellen differenzierten Zellen durchgeführt. Eine Übersicht der Studien, die bislang durchgeführt wurden bzw. durchgeführt werden, ist für den Zeitraum 2010 bis 2018 in Tabelle 3 dargestellt; die Gesamtzahl beläuft sich mittlerweile auf 42 Studien. Im Vergleich zum Vorjahr ergibt sich eine Steigerung von 27 %. Im Rahmen solcher Studien werden außerhalb Deutschlands aus hPS-Zellen abgeleitete Zellen auf ihre Eignung für die Behandlung von Erkrankungen getestet, für die es derzeit keine adäquaten Therapien gibt. Mittlerweile wird ihre Sicherheit und Verträglichkeit auch im Rahmen von Langzeitstudien geprüft. Die Mehrzahl der in Tabelle 3 aufgeführten klinischen Studien wird unter Verwendung von Zellen durchgeführt, die aus hES-Zellen abgeleitet wurden (33 Studien). In sieben klinischen Studien wird derzeit aus hiPS-Zellen abgeleitetes Material verwendet, während in je einer Studie Zellen genutzt werden, die auf parthenogenetischen Stammzellen bzw. auf Stammzellen basieren, die aus durch Kerntransfer (SCNT) entstandenen Embryonen abgeleitet wurden (NT-hES-Zellen). Bei den Studien mit aus hES-Zellen abgeleiteten Zellen überwiegt die Behandlung verschiedener Formen der Makula-Degeneration (18). Weitere Studien zielen auf die Entwicklung von Therapien für andere Erkrankungen des Auges (5), den Diabetes mellitus Typ I (4), ischämische Herzkrankheiten (1), Krankheiten des Nervensystems (4) sowie für eine Krebserkrankung der Lunge (1). Studien unter Nutzung von hiPS-Zellen zielen auf die Behandlung der altersbedingten Makula-­Degeneration (2) (eine davon wurde in 2015 aufgrund genetischer Veränderungen in den hiPS-Zellen ausgesetzt), der Graft-versus-Host-Erkrankung (1), der ischämischen Herzerkrankung (2) sowie der Parkinson-Krankheit (2). Auffällig ist, dass keine der derzeit mit hiPS-Zellen durchgeführten Studien auf der Grundlage autologer Zellen erfolgt; in allen Studien werden aus allogenen hiPS-Zellen gewonnene Zellprodukte verwendet. Die klinische Studie, die unter Nutzung von aus NT-hES-Zellen abgeleiteten Zellen erfolgt, dient der Behandlung der altersbedingten Makula-­Degeneration, während die bislang einzige Studie unter Nutzung von parthenogenetischen Stammzellen, bei der neurale Stammzellen transplantiert werden, die Behandlung der Parkinson-Krankheit zum Ziel hat.

Die seit 2010 zunehmende Zahl von klinischen Studien, die auf hES-Zellen basieren – allein 18 % im Vergleich zum Vorjahr (von insgesamt 28 zum Jahresende 2017 auf insgesamt 33 zum Jahresende 2018) – , führt deutlich vor Augen, dass hES-Zellen vielerorts die Grundlagenforschung verlassen haben und eine zunehmende Translation in die Klinik stattfindet. Der Forschungsvorbehalt des Stammzellgesetzes ist eine zentrale Erschwernis dafür, dass entsprechende Entwicklungen auch in Deutschland stattfinden können. Dazu müsste das Stammzellgesetz hinsichtlich des Forschungsvorbehaltes überarbeitet werden.

Eine Übersicht der Länder, in denen die klinischen Studien durchgeführt werden, kann der Tabelle 4 entnommen werden. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass im Zeitraum 2010 bis 2018 klinische Studien unter Nutzung von hES-Zellen überwiegend in den USA, China und UK durchgeführt werden, während Studien unter Einsatz von hiPS-Zellen vorwiegend in Japan stattfinden. In Deutschland werden zurzeit keine klinischen Studien auf der Grundlage von humanen pluripotenten Stammzellen durchgeführt.

Der 16. Tätigkeitsbericht wurde auf der 101. ordentlichen Sitzung der ZES am 16. September 2019 beschlossen.

Korrespondenzadresse:

Prof. em. Dr. Dr. Henning M. Beier

Ehem. Vorsitzender (Stellvertreter) der ZES am Robert-Koch-Institut

Direktor des Instituts für Anatomie und Reproduktionsbiologie a.D.

Institut für Molekulare und Zelluläre Anatomie

Universitätsklinikum Aachen

D-52057 Aachen, Wendlingweg 2

E-Mail: hmbeier@ukaachen.de

sowie

Geschäftsstelle der ZES am Robert-Koch-­Institut

Dr. Andrea Seiler Wulczyn

D-13353 Berlin, Nordufer 20

E-Mail: geschaeftsstellezes@rki. de

Tabelle 1: Mitglieder und stellvertretende Mitglieder der Zentralen Ethik-Kommission für Stammzellenforschung (ZES),
Stand Dezember 2018.

Bereich

Mitglied

Stellvertretendes Mitglied

Prof. Dr. Mathias Bähr
Neurologische Klinik
Georg-August-Universität Göttingen

Prof. Dr. Wolfram-H. Zimmermann
Institut für Pharmakologie und Toxikologie
Georg-August-Universität Göttingen

Prof. Dr. Anthony D. Ho
Med. Universitätsklinik und Poliklinik
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Prof. Dr. Beate Winner
Nikolaus-Fiebiger-Zentrum für Molekulare Medizin
Universitätsklinikum Erlangen

Prof. Dr. Katja Schenke-Layland
Naturwissenschaftliches und Medizinisches Institut
an der Universität Tübingen

Prof. Dr. Ricardo E. Felberbaum
Frauenklinik
Klinikum Kempten Oberallgäu

Prof. Dr. Hans R. Schöler
Max-Planck-Institut für Molekulare Biomedizin
Münster

Prof. Dr. Martin Zenke
Helmholtz-Institut für Biomedizinische Technik
RWTH Aachen

Prof. Dr. Anna M. Wobus
(Stellvertretende Vorsitzende)
Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzen­forschung (IPK) Gatersleben

Prof. Dr. Maria Wartenberg
Molekulare Kardiologie und Stammzellforschung
Universitätsklinikum Jena

Prof. Dr. Dr. Antonio Autiero
(Stellvertretender Vorsitzender)
Katholisch-Theologische Fakultät
Westfälische Wilhelms-Universität Münster

Prof. Dr. Dr. Jochen Sautermeister
Katholisch-Theologische Fakultät
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

Prof. Dr. mult. Nikolaus Knoepffler
Lehrstuhl für Angewandte Ethik
Friedrich-Schiller-Universität Jena

Prof. Dr. Christine Hauskeller
Department of Sociology, Philosophy and Anthropology
University of Exeter (England)

JProf. Dr. Dr. Sabine Salloch
Institut für Ethik und Geschichte der Medizin
Universitätsmedizin Greifswald

Prof. Dr. Ralf Stoecker
Abteilung Philosophie
Universität Bielefeld

Prof. Dr. Klaus Tanner
(Vorsitzender)
Theologisches Seminar
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Prof. Dr. Hartmut Kreß
Evangelisch-Theologische Fakultät
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

Tabelle 2: Übersicht über Forschungsvorhaben, die während des Jahres 2018 nach positiver Bewertung durch die ZES vom RKI genehmigt wurden. Die in der linken Spalte in Klammern gesetzten Nummern entsprechen den Genehmigungsnummern, wie sie dem Register des RKI zu entnehmen sind (http://www.rki.de/DE/Content/Gesund/Stammzellen/Register/register_node.html). Für einen Antrag (Lfd.-Nr. 3) wurden vom RKI aus formalen Gründen drei Genehmigungen erteilt.

Lfd.-Nr.

Genehmigungsinhaber(in)

Thematik der genehmigten Arbeiten

Datum der befürwortenden Stellungnahme der ZES

Uniklinik Köln

Untersuchung des Potentials humaner pluripotenter Stammzellen für die Rekonstruktion der kornealen Oberfläche bei Limbusstammzellinsuffizienz

17.01.2018

2 (134)

Charité – Universitätsmedizin ­Berlin

Untersuchung epigenetischer Grundlagen der Regulation des Proopiomelanocortin (POMC)-Gens in ­humanen Neuronen

23.02.2018

3 (135, 136, 137)

Universitätsklinikum Essen

Epigenetische Mechanismen in der mentalen Re­tardierung bei seltenen syndromalen Erkrankungen

18.06.2018

4 (138)

Frau Dr. Viet Loan Dao Thi ­Universitätsklinikum Heidelberg

Charakterisierung von Transportwegen des Hepa­titis-E-Virus in aus humanen embryonalen Stammzellen abgeleiteten leberzellartigen Zellen und ­komplexen Leberzellsystemen

18.06.2018

5 (139)

Herr Prof. Dr. Henrik Semb ­Helmholtz Zentrum München

Herstellung von insulinproduzierenden Beta- Zellen aus humanen embryonalen Stammzellen im ver­größerten Maßstab für künftige klinische Studien zur Behandlung von Diabetes mellitus Typ 1

26.09.2018

6 (140)

Max-Delbrück-Centrum für ­Molekulare Medizin (MDC), Berlin

Untersuchungen zum lokalen Proteom, Transkriptom und Translatom bei Motoneuronen-Erkrankungen unter Verwendung von hES-Zell-abgeleiteten Motoneuronen

17.09.2018

7 (141)

Herr Dr. Moritz Mall Deutsches Krebsforschungzentrum (DKFZ), Heidelberg

Untersuchung der Rolle von Transkriptionsregulatoren bei der Induktion und Erhaltung der neuronalen Zellidentität des Menschen

17.10.2018

8 (142)

Herr Dr. Claudio Acuna Goycolea, Universität Heidelberg

Untersuchung der Rolle von mit neuropsychiatrischen Störungen assoziierten HAR-Mutationen
in hES-Zell-basierten neuronalen Zellmodellen

23.11.2018

Tabelle 3: Klinische Studien mit aus humanen pluripotenten Stammzellen ent­wickelten Zellen (inklusive Langzeitstudien mit Patienten aus vorangegangenen klinischen Studien). *Teilnehmer bezieht sich auf die Anzahl der Personen, die
für die jeweilige Studie rekrutiert worden sind bzw. werden sollen. Die Anzahl der Personen, die bereits behandelt werden bzw. wurden, ist öffentlich derzeit nur zum Teil bekannt. (Robert-Koch-Institut, unveröffentlichte Daten unter Nutzung verschiedener Quellen u. a. ClinicalTrials.gov, ein Service der U.S. National Institutes of Health [NIH] und International Clinical Trials Registry Platform [ICTRP] der World Health Organization [WHO]; Stand der Daten: 31.12.2018.)

Übersicht weltweit durchgeführter klinischer Studien auf Basis humaner ­pluripotenter Stammzellen 2010–2018

Krankheit (nach ICD-10)

Anzahl Studien

Teilnehmer

Krankheiten des Auges und der Augenanhangsgebilde

23

419

  • Altersbedingte Makula-Degeneration (AMD)

13

286

  • Morbus Stargardt (erblich bedingte juvenile Form der ­Makula-Degeneration)

5

52

  • Retinitis Pigmentosa

1

10

  • Sonstige Erkrankungen des Auges

4

71

Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten

4

327

  • Diabetes mellitus Typ I

4

327

Krankheiten des Kreislaufsystems

1

10

  • Ischämische Herzkrankheiten

1

10

Krankheiten des Nervensystems

4

111

  • Verletzungen des Rückenmarks

2

40

  • Parkinson-Krankheit

1

50

  • Amyotrophe Lateralsklerose

1

21

Neubildungen

1

48

  • Teerkrebs der Lunge (non-small cell lung cancer)

1

48

Krankheiten des Auges und der Augenanhangsgebilde

2

11

  • Altersbedingte Makula-Degeneration (AMD)

2

11

Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere Folgen ­äußerer Ursachen

1

16

  • Graft-versus-Host-Erkrankung

1

16

Krankheiten des Kreislaufsystems

2

25

  • Ischämische Krankheiten

2

25

Krankheiten des Nervensystems

2

14

  • Parkinson-Krankheit

2

14

Krankheiten des Auges und der Augenanhangsgebilde

1

3

  • Altersbedingte Makula-Degeneration (AMD)

1

3

Krankheiten des Nervensystems

1

12

  • Parkinson-Krankheit

1

12

42

996

Tabelle 4: Übersicht der an klinischen Studien beteiligten Länder (inklusive Langzeitstudien mit Patienten aus vorangegangenen klinischen Studien). *Einige Studien werden in mehreren Ländern durchgeführt. (Robert Koch-­Institut, unveröffentlichte Daten unter Nutzung verschiedener Quellen u. a. ClinicalTrials.gov, ein Service der U.S. National Institutes of Health [NIH] und International Clinical Trials Registry Platform [ICTRP] der World Health Organization [WHO]; Stand der Daten: 31.12.2018.)

Übersicht der Länder, in denen ­klinische Studien mit humanen pluripotenten Stammzellen durchgeführt werden (2010–2018)

Land

Anzahl Studien

USA

12

China

7

UK

6

Korea

2

Brasilien

1

Frankreich

1

Israel

1

Kanada

4

Australien

1

China

1

UK

1

Japan

5

Korea

1

Australien

1

42*


 
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