Zitzmann M |
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Aktuelles: Benefit einer Testosteron-Behandlung übergewichtiger oder adipöser Männer mit Hypogonadismus in Bezug auf einen Diabetes mellitus Typ 2 oder eine gestörte Glukosetoleranz: die T4DM-Studie [1] Journal für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie - Journal of Reproductive Medicine and Endocrinology 2021; 18 (3): 140-141 Volltext (PDF) Volltext (HTML) AktuellesBenefit einer Testosteron-Behandlung übergewichtiger oder adipöser Männer mit Hypogonadismus in Bezug auf einen Diabetes mellitus Typ 2 oder eine gestörte Glukosetoleranz: die T4DM-Studie [1]M. Zitzmann EinleitungBei übergewichtigen oder adipösen Männern finden sich oft niedrige Serum-Testosteronspiegel, die mit einem erhöhten Risiko für Typ-2-Diabetes in Verbindung stehen. In einem großen Studienkollektiv von prädiabetischen Männern wurde geprüft, ob bei ihnen durch eine Behandlung mit Testosteron das Fortschreiten zum manifesten Diabetes über die Effekte eines Lifestyle-Programms hinaus verhindert oder die Umkehrung des Diabetes-Vorstadiums bewirkt werden kann. An T4DM, einer randomisierten, placebokontrollierten, doppelblinden Zweijahresstudie der Phase 3b waren sechs australische Tertiärzentren beteiligt. Die teilnehmenden Männer im Alter von 50,7 Jahren hatten einen Taillenumfang von ? 95 cm und eine Serum-Testosteronkonzentration von ? 14,0 nmol/l sowie eine beeinträchtigte Glukosetoleranz (oraler Glukosetoleranztest [OGTT] 2h-Glukose 7,8–11,0 mmol/l) oder einen neu diagnostizierten Typ-2-Diabetes (sofern die OGTT 2h-Glukose ? 15,0 mmol/l lag). Sie wurden in ein Lifestyle-Programm aufgenommen und erhielten randomisiert (1:1) intramuskuläre Injektionen von Testosteron-Undecanoat oder Placebo. Die jeweils für die Intention-to-Treat-Population vorgesehenen Primärendpunkte waren ein Typ-2-Diabetes (2h-OGTT-Glukose ? 11,1 mmol/l) und die mittlere Veränderung des Baseline-Wertes der 2h-OGTT-Glukose nach zwei Jahren. Studiendesign und -verlauf – Charakteristika der Analysekohorte und AdhärenzVon 19.022 Männern, die ein Internet- oder Telefon-basiertes Prä-Screening absolviert hatten und anhand ihrer Labordaten als tauglich erschienen, wurden 1007 (5 %) in die Studie aufgenommen. Diese Teilnehmerkohorte wurde zwischen Februar 2013 und Februar 2017 auf eine Placebo-Gruppe (n = 503) und eine Testosteron-Gruppe (n = 504) randomisiert. Zwischen beiden Gruppen bestanden in den Baseline-Charakteristika keine signifikanten Unterschiede. Verfügbar waren die 2-Jahres-OGTT-Ergebnisse von 413 (82 %) der 503 Teilnehmer in der Placebo-Gruppe und 443 (88 %) der 504 Teilnehmer in der Testosteron-Gruppe. Von den insgesamt 856 Studienteilnehmern hatten zu Baseline 172 (20 %) einen Typ-2-Diabetes. Nach einem Jahr hielten sich noch 847 (84 %) der Teilnehmer an den Behandlungsplan. In der Placebo-Gruppe hatten 131 (26 %) Teilnehmer und in der Testosteron-Gruppe 116 (23 %) Männer die Behandlung früher als nach 2 Jahren abgebrochen. Die Gründe für frühzeitigen Abbruch waren persönlicher Natur (104 vs. 65) oder ein im Protokoll festgelegter Hämatokrit-Anstieg (1 vs. 25). ErgebnissePrimärendpunkteNach zwei Jahren wurde bei 87 (21 %) der 413 Teilnehmer in der Placebo-Gruppe und bei 55 (12 %) der 443 Teilnehmer in der Testosteron-Gruppe ein 2h-Glukose-Wert von 11,1 mmol/l oder darüber registriert (relatives Risiko 0,59; p = 0,0007). Die mittlere Veränderung des OGTT-2h-Werts von Baseline betrug –0,95 mmol/l in der Placebo-Gruppe und –1,70 mmol/l in der Testosteron-Gruppe (p < 0,0001). In adjustierten Analysen blieben die Behandlungseffekte weitgehend unverändert. SekundärendpunkteZwischen den Gruppen gab es keine signifikanten Unterschiede in der Compliance mit dem Lifestyle-Programm oder ausreichender körperlicher Betätigung. Bei einem größeren Anteil der Teilnehmer in der Testosteron-Gruppe hatte sich nach 2 Jahren der 2h-Glukose-Plasmaspiegel normalisiert. Der HbA1c-Wert blieb in beiden Gruppen vergleichbar. Andererseits waren die Abnahme des Nüchternblutzuckers, des Hüftumfangs, der Gesamtfettmasse und der Bauchfettmasse sowie andererseits die Zunahme der Gesamtmuskelmasse, der Armmuskelmasse und der Handgriffstärke in der Testosterongruppe stärker ausgeprägt als in der Placebo-Gruppe. Im Vergleich mit den Männern der Placebo-Gruppe hatten die Männer der Testosteron-Gruppe signifikante Verbesserungen im International Index of Erectile Function Subskalen (erektile Funktion, Orgasmusfunktion, sexuelles Verlangen, Zufriedenheit mit dem Geschlechtsverkehr und sexuelle Gesamtzufriedenheit). Die beiden Gruppen unterschieden sich nicht bezüglich der Symptome des unteren Harntrakts. TherapiesicherheitNach zwei Jahren bestanden zwischen beiden Gruppen keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich Veränderungen des systolischen und diastolischen Blutdrucks oder der Alanintransferase. Ein Hämatokrit von 54 % wurde bei 6 Teilnehmern der Placebo-Gruppe und bei 106 Teilnehmern der Testosteron-Gruppe überschritten, eine PSA-Erhöhung ? 0,75 µg/ml wurde in 19 % bzw. 23 % der Fälle ermittelt. Gravierende unerwünschte Ereignisse kamen bei 37 (7,4 %) von 503 Patienten in der Placebo-Gruppe und 55 (10,9 %) von 504 Patienten in der Testosteron-Gruppe vor. Darunter waren Arrhythmien (3 in der Placebo-Gruppe vs. 8 [2 %] in der Testosteron-Gruppe), ischämische Herzkrankheit (13 vs. 7), zerebrovaskuläre Krankheit (3 vs. 4), benigne Prostatahyperplasie (3 vs. 8), Prostatakrebs (5 vs. 4), Depression (3 vs. 1) und venös-thrombotische Ereignisse (0 vs. 2). AusblickKönnen die Daten aus der T4DM-Studie klinische direkte Auswirkungen haben? Die Autoren betonen, dass die Testosteron-induzierten Vorteile bei der Prävention von Typ-2-Diabetes mindestens genauso gut, wenn nicht sogar besser, als mit einer Metformin-Therapie waren. Sie erkennen jedoch die Notwendigkeit einer sorgfältigen Hämatokritüberwachung und damit eine gewisse Unsicherheit in Bezug auf langfristige kardiovaskuläre Risiken an. Eines der wichtigsten Ziele bei der Prävention eines Typ-2-Diabetes mellitus ist das Fortschreiten einer herzkreislaufbezogenen Pathologie. Angesichts der bei vielen Diabetologen bestehenden Unsicherheiten über die vaskulären Auswirkungen von Testosteron sind auch hier Ergebnisstudien notwendig, bevor endgültige Schlussfolgerungen gezogen werden können. In der Zwischenzeit sollten Kliniker sich dessen bewusst sein, dass eine erschwingliche, alternative und natürlich zusätzliche Interventionsmöglichkeit zur Vorbeugung von Typ-2-Diabetes mit der Testosterongabe existiert. Dabei ist zu betonen, dass die Patienten hypogonadal sein müssen, um eine solche Therapie zu erhalten. Dazu kommen zwingend Änderungen im Lebensstil, insbesondere was die Ernährung und die körperliche Tätigkeit betrifft. Kernaussagen
Literatur: 1. Wittert G, Bracken K, Robledo KP, et al. Testosterone treatment to prevent or revert type 2 diabetes in men enrolled in a lifestyle programme (T4DM): a randomised, double-blind, placebo-controlled, 2-year, phase 3b trial. Lancet Diabetes Endocrinol 2021; 9: 32–45. Korrespondenzadresse: Prof. Dr. med. Michael Zitzmann, MD, PhD, FRSM, FECSM Department of Clinical and Surgical Andrology Centre of Reproductive Medicine and Andrology (CeRA) Münster University Hospital (UKM) Albert-Schweitzer-Campus 1, Gebäude D11 D-48149 Münster, Domagkstraße 11 E-Mail: Michael.Zitzmann@ukmuenster.de |