Geisthövel F et al. |
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Wechselwirkung zwischen Embryonenschutzgesetz und Stammzellgesetz - Interdisziplinäre Podiumsdiskussion am 30.11.2007 anlässlich des 2. DVR-Kongresses in Bonn/Bad Godesberg Journal für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie - Journal of Reproductive Medicine and Endocrinology 2008; 5 (3): 114-120 Volltext (PDF) Summary Praxisrelevanz Keywords: Embryonenschutzgesetz, Ethik, Recht, Reproduktionsmedizin, Stammzellgesetz Die hier dokumentierte interdisziplinäre Podiumsdiskussion hat die aktuelle öffentliche Debatte zum Stammzellgesetz (StzG) aufgenommen und diese zu der eher unter Spezialisten geführten Diskussion um das Embryonenschutzgesetz (ESchG) ins Verhältnis gesetzt. Aus Sicht der humanen embryonalen Stammzellforschung (hES-Forschung) ist die Durchführung eines solchen Forschungsarbeit an aktuell im Ausland verfügbaren, optimalen Stammzelllinen auch für Deutschland unter Aufgabe der im geltenden StzG bestehenden Stichtagsregelung unverzichtbar. Wenn auch mit den neuesten Forschungsergebnissen zu induzierten pluripotenten Stammzellen ein entscheidender Durchbruch erfolgt ist, mit der Möglichkeit, dass in Zukunft die hES-Forschung ohne Verbrauch von Embryonen auskommen könnte, scheint der derzeitige hES-Forschungsweg als Standard noch unersetzlich zu sein. Im (Mehrheiten-)Votum A des (ehemaligen) Nationalen Ethikrates (NER) wird daher anstelle der bisherigen Stichtagsregelung eine Einzelfallprüfung vorgesehen. Sanktionen des StZGs sollten vom Strafrecht auf das Ordnungswidrigkeitenrecht umgestellt werden. Dahingegen sieht das (Minderheiten-)Votum B des NER die Glaubwürdigkeit des ESchGs in Gefahr und plädiert für eine breite Forschungsförderung mit sehr gutem Potenzial alternativ zur hES-Forschung. Wenn – so die Meinung der Reproduktionsmedizin – die hES-Forschung vom Bundestag in Anlehnung an das Votums A des NER politische Unterstützung erfährt, dann müsste allgemein akzeptiert werden, dass auch flexiblere, individualisierte, ethisch hochwertige Therapieverfahren der Assistierten Reproduktion (sog. "Deutscher Mittelweg") flächendeckend in Deutschland angewandt werden, zumal dabei die normativen Vorgaben des geltenden ESchG nicht geändert werden müssten. Bei der strafrechtlichen Analyse wird nochmals herausgearbeitet, dass das ESchG zwar ein Forschungsverbot enthält, für reproduktionsmedizinische Therapiemaßnahmen aber ein ausgewogenes Schutzkonzept umgesetzt hat und jene nicht unangemessen einschränkt; der "Deutsche Mittelweg" und die angestrebte Modifizierung des StzGs sind miteinander vereinbar. In der anschließenden Diskussion im Podium und mit dem Plenum verfestigte sich die Vermutung, dass die Politik anders als bei der Stammzellforschung aktuell kein besonderes Interesse an der Aufarbeitung und Zusammenführung gesetzlicher Rahmenbedingungen im Sinne eines umfassenden Fortpflanzungsmedizingesetzes für Deutschland hegt. Ferner wurde über verschiedene juristische Fragen im Hinblick auf den "Deutschen Mittelweg" (z. B. Status Embryo, Menschenwürde, Strafsicherheit für Ärzte, Embryonenspende) diskutiert. |