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Depression und Suizidalität bei Männern in Europa: Ein Problem männlichen psychischen Leidens und männlicher Suizidalität Journal für Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie 2010; 11 (3): 46-52 Volltext (PDF) Summary Praxisrelevanz Keywords: Depression, Gesellschaft, Gesundheitsversorgung, Mann, Psychiatrie, Sterblichkeit, Suizid Die Lebenserwartung von Männern in Europa ist 5–15 Jahre niedriger als die von Frauen. Dies mag zumindest teilweise dadurch bedingt sein, dass Männer allgemein im Vergleich zu Frauen nur halb so oft medizinische Hilfe suchen. 70–90 % aller Suizide werden in einem Zustand klinischer Depression begangen. Nach vorherrschender Lehrbuchmeinung treten Depressionen bei Männern jedoch nur halb so häufig auf wie bei Frauen. Trotzdem nehmen sich europäische Männer paradoxerweise 3– 10× häufiger das Leben. Die unter anderem damit zusammenhängende, stark verkürzte Lebenserwartung der Männer in Europa ist heute eines der wichtigsten Probleme öffentlicher Gesundheit, vor allem in Ländern dramatischen sozialen Umbruchs. Eine Erklärung hierfür könnte sein, dass sich depressive Symptome bei Männern deutlich von denen unterscheiden, die von Frauen gezeigt und berichtet werden: Männliche Depressivität kann sich in einem aggressiven, antisozialen, „psychopathischen“ klinischen Bild und/oder in einem Suchtverhalten manifestieren, das nicht als Depression erkannt wird. Wichtige Ursachen dafür sind das atypische Depressionsbild zusammen mit männlicher Alexithymie und ein Mangel an Hilfesuche. Erfolgversprechende Methoden, Depression bei Männern anzugehen, sind einerseits die spezifische Weiterbildung von Ärzten und Krankenpflegepersonal, aber auch professioneller sozialer Helfer mit dem Ziel, männliche Depressionen früher zu erkennen und zu behandeln, andererseits eine steigende öffentliche Kenntnisnahme und Diskussion des männlichen Depressionsbilds im Rahmen öffentlicher Gesundheitsvorsorge. |