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Praxisrelevanz
Aigner M
News-Screen Psychiatrie

Journal für Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie 2024; 25 (2): 44-46

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Chen et al. konnten zeigen, dass es Zusammenhänge zwischen Depressionen, der funktionellen Konnektivität der Habenulae und der Wirkung von Ketamin über die dopaminergen Belohnungszentren gibt. Für die Praxis bedeutet das, dass die Erklärungsmodelle für die Ketaminwirkung von der Mikroebene, über die Mesoebene bis zur Makroebene besser verstanden werden können und damit auch die Psychoeduktion für die Betroffenen besser durchgeführt werden kann. Die enge Verknüpfung des monaminergen Systems (Noradrenalin, Dopamin) und des Serotonin-Systems mit affektiven Störungen, Suchterkrankungen und psychotischen Störungen wird besser verständlich. Die Habenulae sind möglicherweise wichtige Netzwerkknoten, die noch mehr in das Zentrum der Hypothesenbildung rücken werden.
Das menschliche Gen für das Protein Transketolase-like-1 ebenso wie das ARHGAP11B-Gen gelten nach neuesten Forschungserkenntnissen als Schlüsselgene, die beim Menschen für die ordnungsgemäße Entwicklung des Kortex eine wichtige Rolle spielen.
Im ICD-11, das laut WHO 2027 eingeführt werden soll, wird es ein Kapitel Neuronale Entwicklungsstörungen geben. Im ICD-10 findet sich das Kapitel F7 Intelligenzminderung getrennt von den Kapiteln F8 Entwicklungsstörungen und F9 Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend. Die Zusammenfassung zu den Neuronalen Entwicklungsstörungen entspricht mehr der Realität einer Entwicklungsperspektive und vermeidet die Trennung in der Klassifikation von Kinder- und Erwachsenen-psychiatrischen Kapiteln (Tabelle 1).
So sind diese Störungen in der traditionellen Psychiatrie von der Kinder- und Jugendpsychiatrie und der allgemeinen Psychiatrie im Erwachsenenalter, wie im ICD-10 abgebildet, oft getrennt behandelt worden. Dabei hat man gesehen, dass besonders mit der Verlängerung der Entwicklung (Stichwort: Ausbildungspflicht bis zum 18. Lebensjahr) die „Transitionspsychiatrie“ zwischen dem 14. und 25. Lebensjahr immer mehr an Bedeutung gewinnt. In diesem Lebensabschnitt beginnen bis zu 80 % der psychischen Erkrankungen und daher erscheint es besonders wichtig, hier präventive Maßnahmen zu ergreifen.
Der Review von Hutter et al. zeigt auf, wie komplex die neuronale Entwicklung nicht nur die Neuronen betrifft, sondern auch die basale radiale Glia. Es erscheint daher von Vorteil für den klinisch Tätigen, sich mit den neuesten neurowissenschaftlichen Befunden zu befassen, die in ihrer Fülle schier unüberschaubar geworden sind. Mit dem humanspezifischen Gen ARHGAP11B und dem TKTL1 haben wir zwei Kandidatengene, die möglicherweise eine Schlüsselrolle in der Kortexentwicklung spielen, sowohl in der menschlichen Evolution als auch in der individuellen Entwicklung bei verschiedenen neuronalen Entwicklungsstörungen. Möglicherweise hilft uns ein besseres Verständnis dieser Entwicklungen, auch mehr zu ihrer Prävention beitragen zu können.
 
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