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Rabe T et al.  
Kontrazeption & Thrombophilie - Eine Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologische Endokrinologie und Fortpflanzungsmedizin (DGGEF) e. V. und des Berufsverbands für Frauenärzte (BVF) e.V.

Journal für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie - Journal of Reproductive Medicine and Endocrinology 2012; 9 (1): 20-63

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Keywords: DepogestagenEndokrinologieestrogenfreier OvulationshemmerFaktor-V-Leidenhormonale KontrazeptionHormonpflasterIntrauterinpessarIntrauterinsystemMinipilleThrombophilieVaginalringvenöse Thromboembolie

Mehr als eine halbe Million Menschen sterben jährlich in der EU an venösen Thromboembolien (VTE), meist in höherem Alter oder im Zusammenhang mit Operationen, aber auch junge Frauen im reproduktiven Alter unter Anwendung hormonaler Kontrazeptiva. In einigen Teilen der Bevölkerung sind angeborene Störungen im Gerinnungssystem (Faktor-V-Leiden, Prothrombin-Mutation G20210A, Protein C-, Protein S- und Antithrombin-Mangel) für ein erhöhtes VTE-Risiko verantwortlich. Das VTE-Risiko wird durch folgende Faktoren beeinflusst: Langstreckenreisen, Immobilisierung, Lebensalter, Zigarettenrauchen, hoher Body Mass Index, Operationen, Krebserkrankungen, Flüssigkeitsverlust, Schwangerschaft, orale hormonale Kontrazeptiva, Hormonersatztherapie. Ein generelles Laborscreening für Thrombophilie vor Verordnung oraler Kontrazeptiva (OC) wird nicht empfohlen. Es sollte nur bei positiver Familienanamnese und/oder Eigenanamnese hinsichtlich VTE oder kardiovaskulärer Verschlusserkrankungen durchgeführt werden. Faktor-V-Leiden-Mutation ist die häufigste kongenitale Thrombophilie. Eine heterozygote Faktor-V-Leiden-Mutation (VTE-Risiko ca. 5-fach erhöht) findet man bei 3–13 %, eine homozygote (VTE-Risiko ca. 10-fach erhöht) bei 0,2–1 % der europäischen Bevölkerung. Prothrombin-Mutation G20210A: Autosomal dominant vererbte Mutation (ca. 2 % der Europäer) führt zu einem ca. 3-fachen Anstieg des VTE-Risikos. Das VTE-Risiko ist deutlich erhöht, wenn einer oder mehrere zusätzliche Risikofaktoren, wie Faktor- V-Leiden, Protein C-, Protein S- und Antithrombin- Mangel, vorliegen. Protein-C- und Protein-S-Mangel: Das Risiko venöser Thrombosen wird durch einen Protein C- oder Protein S-Mangel erhöht (Odds Ratio 3–15 bzw. 5–11). Antithrombin-Mangel führt in Abhängigkeit vom Typ des Antithrombin-Mangels zu einem 4–50-fach erhöhten VTE-Risiko. Orale hormonale Kontrazeptiva für Frauen enthalten meist Gestagene in Kombination mit oder ohne synthetische Östrogene (meist Ethinylestradiol [EE]), bzw. seit 2008 auch natürliche Östrogene (Estradiol bzw. ein Derivat Estradiolvalerat). Sie beeinflussen die Inzidenz von VTE bei gesunden Frauen (VTEFälle pro 10.000 Frauenjahre) wie folgt, vgl. Tab. 1: Kombinierte hormonale Kontrazeptiva (KOK): Kein methodenbedingter Risikoanstieg [3–4] (VTE-Fälle pro 10.000 Frauenjahre): Nicht hormonale Kontrazeptiva (z. B. Tubensterilisation, Kondome, Spermizide, Verhaltensmethoden, Kupfer-IUDs). Kein oder nur leicht erhöhtes Risiko [3–4]: Levonorgestrel-IUS, klassische Minipille, östrogenfreie Ovulationshemmer. Leicht erhöhtes Risiko [3–10]: KOK mit < 50 µg EE und als Gestagen Norethisteron, Norethisteronazetat, Levonorgestrel, Norgestimat, Chlormadinonazetat und Dienogest, OCs mit Estradiolvalerat und Dienogest, kombinierter östrogen-/gestagenhaltiger Vaginalring und Depotgestagene. Mäßig erhöhtes Risiko [6–14]: KOK mit < 50 µg EE und als Gestagen Desogestrel, Gestoden, Cyproteronacetat, Drospirenon sowie kombiniertes östrogen-/gestagenhaltiges Pflaster. Eine Vorauswahl von Frauen mit einem erhöhten VTE-Risiko anhand einer Familien- und Eigenanamnese ist vor jeder hormonalen Therapie absolut notwendig. Ein generelles Thrombophilie-Screening wird nicht empfohlen. Zusätzliche individuelle Risikofaktoren müssen berücksichtigt werden. Jede Patientin, die orale Kontrazeptiva einnimmt, sollte über die Risiken und deren Frühsymptome vaskulärer Verschlusserkrankungen beraten werden. Bei Patienten mit erhöhtem Thromboserisiko ist eine Risiko-Nutzen-Analyse erforderlich, unter Berücksichtigung nicht hormonaler Kontrazeptionsmethoden sowie nicht kontrazeptiver Vorteile einer Hormonbehandlung (KOK: z. B. Zyklusnormalisierung, weniger Dysmenorrhoe, Verbesserung der Akne). Eine gemeinsame Therapieentscheidung („shared decision making“ und „informed consent“) wird dringend empfohlen.
 
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