Seifert-Klauss V et al. |
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Aromataseinhibitoren: Update 2015 Journal für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie - Journal of Reproductive Medicine and Endocrinology 2015; 12 (1): 5-12 Volltext (PDF) Summary Keywords: Aromataseinhibitor, Brustkrebs, endokrine Therapie, klinische Testung, Nebenwirkung Aromataseinhibitoren (AI) blockieren die letzte Stufe der Steroidsynthese und damit die Bildung von Estrogenen in vielen Gewebetypen, welche das Enzym Aroma tase exprimieren, darunter auch Muskel- und Fettgewebe. Das Enzym katalysiert in Wirbeltieren den letzten Reaktionsschritt bei der Biosynthese der Estro gene, die Bildung von Estradiol aus Testosteron und von Estron aus Androstendion (Aromatisierung). Die Aromatase ist in der Membran des endoplasmati schen Retikulums lokalisiert und wird auch im Gehirn, der Plazenta und den Gonaden produziert. Mutationen im Aromatase-kodierenden CYP19A1-Gen können zu genetischem Aromatasemangel oder -überschuss führen. Polymorphismen haben auch Einfluss auf bioverfügbares Estrogen und Knochendichte. Indikationen: AI sind zugelassen zur Behandlung von postmenopausalen Frauen mit Brustkrebs. In der Onkologie werden sie bei der Therapie von hormonrezeptorpositivem Mammakarzinom bei postmenopausalen Frauen sowohl in der adjuvanten als auch in der metastasierten Situation eingesetzt. Vor der Postmenopause bewirken AI eine erhöhte Empfindlichkeit der Ovarien gegenüber FSH und können daher zu einer verstärkten Estrogen-Antwort führen, sodass in diesen Situationen eine Kombination mit GnRH-Analoga nötig ist. Eine Behandlung einer prämenopausalen Patientin mit Mammakarzinom mit einer alleinigen AI-Therapie stellt eine absolute Kontraindikation dar. AI führen nicht zu einer Estrogenrezeptor-Downregulation. Eine Ausnahme-Anwendung stellt die reproduktionsmedizinische Anwendung bei nicht an hormonrezeptorpositivem Mammakarzinom erkrankten Frauen dar: Hier werden durch AI-Kotherapie FSH-Dosis und -Kosten eingespart. Für prämenopausale Erkrankungen, bei denen ein Estrogenentzug den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen könnte (Endometriose, Behandlung von Leiomyomen) hat sich bisher noch kein deutlicher, durch Studien belegter Therapievorteil abgezeichnet. Bodybuilder setzen AI ein, um die estrogenbedingten Nebenwirkungen einer Testosterontherapie durch Konversion in Estrogene zu unterbrechen. Eine medizinische Anwendung wird für Jungen zur Behandlung von Kleinwuchs (an Stelle von Wachstumshormonen) diskutiert. Substanzen: Die 3 derzeit gebräuchlichen AI Anastrozol, Letrozol (nicht-steroidal, Hemmung kompetitiv und reversibel) und Exemestan (steroidal, Inaktivierung der Aromatase über kovalente Bindung) haben gegenüber Tamoxifen eine bessere anti-tumorale Wirksamkeit gezeigt. Wirkungen: AI vermindern in postmenopausalen Frauen (die üblicherweise zirkulierende Estradiolspiegel von < 25 pmol/l haben) die E2-Serumspiegel auf < 3 pmol/l. Auch intrazelluläre Estrogenkonzentrationen werden vermindert. Unter der adjuvanten Therapie (frühes Mammakarzinom, ohne Metastasen) sind durch diesen Estrogenentzug längere rezidiv-, bzw. progressionsfreie Zeiten (kalkulierte Reduktion im Vergleich zu Tamoxifen um absolut 2,7 % nach 5 Jahren, die 100-Monats-Analyse der ATAC-Studie hat keinen Effekt auf das Gesamtüberleben gefunden [ATAC Trialists Group]) zu beobachten. In der metastasierten Situation hat eine Cochrane-Review-Meta-Analyse von 31 Studien zu AI an insgesamt 11.403 postmenopausalen Patientinnen mit fortgeschrittener (metastasierter) Mammakarzinom-Erkrankung ein statistisch signifikant um relativ 10 % verbessertes Überleben gezeigt im Vergleich zu den anderen endokrinen Therapieoptionen Tamoxifen, Megestrolacetat (MA) und Medroxyprogesteronacetet (MPA) (HR 0,90; 95-%-CI: 0,84–0,97). Nebenwirkungen: Als Nebenwirkungen kommen Hitzewallungen, Gelenk- und Muskelschmerzen, Reduktion der Knochendichte, Diarrhoe und Hautausschläge vor. Bei Frauen mit erhöhtem Osteoporose-Risiko kommt es zu einer beobachteten erhöhten Frakturrate, sodass vor Therapiebeginn eine Osteoporose- Abklärung und gegebenenfalls -Therapie empfohlen wird. Behandlungsschemata im Rahmen der Mammakarzinom-Behandlung: Adjuvante Therapieschemata mit AI umfassen neben der Monotherapie über 5 Jahre (bei postmenopausalen Frauen) auch das Switch-Konzept (2 Jahre Tamoxifen, gefolgt von AI für 3–5 Jahre oder vice versa), sowie bei erhöhtem Risiko „extended use“ durch Fortsetzung der Therapie nach 5 Jahren. In der metastasierten Situation werden AI sowohl in der First-line- als auch in der Second- line-Therapie eingesetzt, wenn nicht eine rasch progrediente Metastasierung vitaler Organe (Lunge, Leber) vorliegt, sowie auch als Erhaltungstherapie nach Chemotherapie. Zudem ist bei postmenopausalen Frauen mit Her2/neu-positiven Tumoren eine Kombinationstherapie von AI mit Trastuzumab bzw. Lapatinib zugelassen. Bei Her2/neu-negativer, hormonrezeptorpositiver Erkrankung kann nach Versagen der AI-Mono thera pie mit nicht-steroidalen AI eine Kombination von Exemestan mit dem m-TOR-Inhibitor Everolimus gegeben werden. Zukunftsentwicklungen: Die Kombination von AI mit dem Anti-Estrogen Fulvestrant war nicht wirksamer als jede Substanz allein (SoFEA Investigators). Weitere derzeit laufende Studien untersuchen die Kombination von AI mit neutralisierenden Antikörpern gegen IGF-1 oder seinen Rezeptor (z. B. Ganitumab), Metformin und Inhibitoren von PI3k und/oder Akt. Einige dieser gegen definierte Wachstumsfaktoren zielgerichteten Therapieansätze versuchen, erworbene endokrine Therapieresistenzen zu überwinden, darunter mTOR-Inhibitoren in klinischer Testung. Insbesondere die Hemmung von PI3K und die neue Substanzklasse der CDK4/6 Inhibitoren stellen vielversprechende Ansätze zur Kombinationstherapie mit AI dar. |