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Köhn FM, Schuppe HC  
Editorial: Themenschwerpunkt WHO-Handbuch zur Untersuchung und Aufarbeitung des menschlichen Ejakulates, 6. Auflage 2021

Journal für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie - Journal of Reproductive Medicine and Endocrinology 2022; 19 (4): 175

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Themenschwerpunkt WHO-Laborhandbuch zur Untersuchung und Aufarbeitung des menschlichen Ejakulates, 6. Auflage 2021

F.-M. Köhn, H.-C. Schuppe

Keine andere Publikation mit Relevanz für die andro­logischen und reproduktionsmedizinischen Labore weltweit wird wohl mit einer solchen Spannung erwartet und mit Aufmerksamkeit begleitet wie die WHO-Laborhandbücher zur Untersuchung und Aufarbeitung des menschlichen Ejakulates. Die letzte Aktualisierung erfolgte mit der Veröffentlichung der 6. Auflage des Manuals 2021.

Bei den meisten Anwendern dürfte der erste Blick wie in den Jahrzehnten zuvor dem Kapitel „8.1 Interpretation of semen examination results“ gelten. Mit einer gewissen Erleichterung stellt man fest, dass sich an den Referenzbereichen für die Variablen des Basis-Spermiogramms und unteren Referenzgrenzen keine wesentlichen Änderungen ergeben, die zudem nun auf einer weitaus größeren Zahl von Männern aus unterschiedlichen geographischen Regionen beruhen.

Das primäre Interesse an den Referenzbereichen dürfte klinischer Natur sein, insbesondere im Hinblick auf die Einstufung der Fertilität eines Mannes und somit die Beratung und Behandlung von Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch. Genau diesen Aspekt stellt die neue Auflage des Laborhandbuches stärker als bisher in den Hintergrund bzw. verweist auf die Eigenverantwortlichkeit des jeweiligen Labors. Es wird wiederholt betont, anhand der Vorgaben des Manuals nur die Methoden für die Erstellung eines Spermiogramms und der Qualitätssicherung standardisieren zu wollen; das o. g. Kapitel beginnt mit dem Statement: „This manual is not a guideline for clinical decisions…“.

Die Limitierungen der prognostischen Aussagekraft eines Spermiogramms, mit Spontankonzeptionen bei eingeschränktem Spermiogramm einerseits und ausbleibenden Schwangerschaften trotz unauffälligem Spermiogramm andererseits, sind andrologisch/reproduktionsmedizinisch tätigen Ärzten und Reproduktionsbiologen hinreichend bekannt. Dennoch bleibt das Spermiogramm in der Zusammenschau der Gesamtkonstellation des Paares mit unerfülltem Kinderwunsch eine wesentliche Säule für klinische Entscheidungen.

Es ist ein Fortschritt, dass im aktuellen Laborhandbuch Spermienfunktionstests nicht mehr als ausschließlich forschungsrelevante Tests, sondern als erweiterte oder fortgeschrittene Testverfahren aufgeführt werden. Auch hier hätte man sich aber eine stärkere Betonung der klinischen Relevanz und des prognostischen Stellenwerts gerade bei der Abklärung ungewollter Kinderlosigkeit bei unauffälligen Befunden bei Frau und Mann oder Auffälligkeiten im Rahmen von IVF bzw. ICSI (z. B. fehlende Fertilisierung) gewünscht. Dies wäre auch unter dem Gesichtspunkt der doch langen Abstände zwischen den Überarbeitungen des Laborhandbuches sinnvoll gewesen. In 10 Jahren wird die Spermienfunktionsdiagnostik sicher einen höheren Stellenwert in der Routine einnehmen als heute.

Die Autoren dieses Schwerpunktheftes haben versucht, einige Aspekte im Vergleich der 5. und 6. Auflage des WHO-Laborhandbuches herauszustellen und auf kritische Punkte hinzuweisen.

Trotz aller Kritik bleibt aber auch die 6. Auflage das Fundament, auf dem ein Spermiogramm erstellt werden muss.

Korrespondenzadressen:

Prof. Dr. med. Frank-Michael Köhn

Andrologicum München

D-80331 München, Burgstraße 7

E-Mail: info@andrologicum.com

Prof. Dr. med. Hans-Christian Schuppe

Sektion Konservative Andrologie

Klinik und Poliklinik für Urologie, Kinderurologie und Andrologie

Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH – Standort Gießen

D-35385 Gießen, Gaffkystraße 14

E-Mail:
Hans-Christian.Schuppe@derma.med.uni-giessen.de


 
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