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Gesellschaftsmitteilungen

Journal für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie - Journal of Reproductive Medicine and Endocrinology 2024; 21 (3): 103-131

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Gesellschaftsmitteilungen – AGRBM

AGRBM Praxisseminar in Münster
Bericht zum Workshop von Birgit Stülten: Moderne Führung im Kinderwunschzentrum

Eine effektive Führung im Labor fördert ein positives Arbeitsklima und stärkt das Team hinsichtlich Zusammenhalt und Motivation, was sich direkt auf die Qualität der Arbeit auswirkt. In der heutigen Arbeitswelt, getrieben durch Fachkräftemangel, Digitalisierung und gesellschaftlichen Wandel, sind Laborleitungen daher mehr denn je gefordert, neben ihrer fachlichen Kompetenz auch herausragende Fähigkeiten in der Teamführung zu entwickeln.

Emotionale Intelligenz als ­Schlüssel zum Erfolg

Ein zentrales Thema in diesem Kontext ist die emotionale Intelligenz. In einem erfolgsorientierten reproduktionsmedizi­nischen Zentrum ist sie nicht nur im Umgang mit Patienten von großer Bedeutung, sondern vor allem in der Führung und Motivation der Mitarbeiter. Die Fähigkeit, eigene Gefühle und jene der Teammitglieder zu erkennen, zu verstehen und darauf angemessen zu reagieren, ist entscheidend für ein positives Arbeitsklima und die Prävention von Konflikten.

Darüber hinaus spielt sie eine wesentliche Rolle bei der Mitarbeitermotivation. Indem Führungskräfte die individuellen emotionalen Bedürfnisse und Motivationen ihrer Teammitglieder verstehen, können sie gezielter auf diese eingehen, was die Motivation, Entwicklung und Produktivität des gesamten Teams positiv beeinflusst.

Kommunikationskompetenz als Erfolgsfaktor

Die individuelle Kommunikationskompetenz der Führungskräfte war schon immer ein unverzichtbarer Baustein für den Erfolg und das harmonische Mit­einander in einem Team. Heutzutage hat ihre Bedeutung noch einmal zugenommen. Dazu gehört die Fähigkeit, klare und deutliche Botschaften zu senden, aktiv zuzuhören und eine offene, lösungs­orientierte Gesprächskultur zu etablieren. Diese Kompetenz ist besonders in Zentren mit multikulturellen Teams wichtig, um Missverständnisse, die aus unterschiedlichen ­Kommunikationsstilen und kulturellen Hintergründen entstehen können, zu vermeiden.

Klare und deutliche Botschaften zu senden, bedeutet im Rahmen der effizienten Kommunikation auch, Anweisungen präzise und verständlich zu formulieren. Dies betrifft beispielsweise die Erklärung komplexer medizinischer Verfahren und Abläufe auf eine Weise, die für alle Teammitglieder nachvollziehbar ist. Hierfür haben sich auch Hilfsmittel wie ein „Zentrum-Glossar“ oder verschiedene Qualitätsmanagement-Maßnahmen bewährt. Für die Aufgabendelegation – ein Bereich, in dem besonders oft Optimierungsbedarf herrscht – bietet sich die 7-W-Regel (Abb. 1) an.

Effektive Kommunikation für den Teamerfolg

Effektive Kommunikation in der Mitarbeitenden- und Teamführung in Kombination mit einer stärkenorientierten Führung ist das wichtigste Instrument, um Vertrauen, Respekt und eine positive Dynamik im Team zu etablieren und die Mitarbeiterbindung zu stärken. Wenn das leitende Personal im Labor zielgerichtet und wirkungsvoll kommuniziert, entsteht eine Umgebung, in der sich jedes Teammitglied wertgeschätzt und verstanden fühlt. Dies trägt zu einer verbesserten Patientenversorgung und einem erfolgreichen Zentrum-Betrieb bei – und entlastet die Führungskräfte nachhaltig.

Anpassungsfähigkeit als Schlüssel zum Fortschritt

Die Anpassungsfähigkeit ist für Biologen in einer sich schnell verändernden medizinischen und technologischen Welt heutzutage ein Muss – auch in der Mitarbeitenden- und Teamführung. Diese Flexibilität bezieht sich nicht nur auf das Reagieren auf externe Neuerungen, wie innovative Behandlungsmethoden oder digitale Fortschritte, sondern schließt auch das Aufnehmen und Integrieren von internem Feedback ein, um das Labor und letztlich das Zentrum kontinuierlich zu verbessern. Ein Punkt, der dem leitenden Personal nicht immer leichtfällt.

Es macht daher Sinn, eine positive und strukturierte Feedbackkultur zu entwickeln und darauf zu achten, dass sie tatsächlich gelebt wird. Sie ermöglicht den Führungskräften im gesamten Zentrum, tiefere Einblicke in die Abläufe zu gewinnen und Bereiche zu identifizieren, die optimiert werden können. Die Integra­tion dieses Feedbacks steigert nicht nur die Effizienz und Patientenzufriedenheit, sondern fördert außerdem die Initiative und Eigenverantwortung im Team.

Vision und strategisches Denken

Eine klare Vision und strategisches Denken sind wichtige Erfolgsfaktoren für die langfristige Entwicklung und den Erfolg eines Zentrums. Die Laborleitung sollte daher gemeinsam mit den Fachärzten jederzeit in der Lage sein, das „große Ganze“ zu erfassen und künftige Trends vorherzusehen, um ihre Teams zielgerichtet zu führen. Eine gemeinsame Vision ermöglicht die Entwicklung eines präzisen Plans für die zukünftige Ausrichtung des Zentrums.

In diesem Rahmen kann das Team im Einklang mit der Vision und den strategischen Zielen geführt werden. Dies erfordert die aktive Einbindung der Mitarbeitenden in die Planung und Realisierung und gewährleistet, dass alle auf gemeinsame Ziele hinarbeiten. In der Praxis kann dies verschiedene Ausprägungen annehmen, bei denen jeweils auch das leitende Laborpersonal gefordert sein kann:

Innovative Behandlungsmethoden

Vision: „Wir führen innovative reproduktive Technologien und Behandlungsmethoden ein, um die Erfolgsraten der assistierten Reproduktion zu erhöhen und individuell angepasste Therapien anzubieten.“

Ausrichtung: Investition in die neuesten Technologien und Forschung, um fortschrittliche Verfahren, verbesserte IVF-Techniken und maßgeschneiderte Hormonbehandlungen zu integrieren.

Umfassende Betreuung und Unterstützung

Vision: „Wir bieten eine ganzheitliche Betreuung, die sowohl die physischen als auch die emotionalen Bedürfnisse unserer Patientinnen und Patienten berücksichtigt.“

Ausrichtung: Entwicklung eines interdisziplinären Teams aus Ärzten, Psychologen, Ernährungsberatern und Unterstützungsgruppen, um eine umfassende Betreuung zu gewährleisten.

Nachhaltigkeit und Ethik

Vision: „Unser Engagement gilt der Nachhaltigkeit und der Einhaltung höchster ethischer Standards in jeder Facette unserer Tätigkeit.“

Strategische Ausrichtung: Wir setzen auf umweltschonende Methoden in der Klinikverwaltung und berücksichtigen ethische Aspekte in allen Behandlungs- und Entscheidungsprozessen. Zudem führen wir regelmäßige Überprüfungen unserer ethischen Richtlinien durch, um unsere Verpflichtungen kontinuierlich zu festigen und zu verbessern.

„Positive Leadership:“ Der Weg zu einem starken Team

Das Konzept des „Positive Leadership“ spielt eine zentrale Rolle in der modernen Laborführung. Dieser Führungsansatz zeichnet sich durch Optimismus, Resilienz und die Betonung der Stärken der Mitarbeitenden aus. In einem reproduktionsmedizinischen Labor kann ein solcher Führungsstil entscheidend zur Steigerung der Leistungsbereitschaft, Eigenverantwortung und Innovationskraft beitragen und somit einen wesentlichen Einfluss auf den Gesamterfolg des Kinderwunschzentrums haben.

Ein Schlüsselelement des „Positive Leader­ship“ ist die Resilienz. Labore in Kinderwunschzentren sehen sich häufig mit Herausforderungen wie Personalmangel, Geräteausfällen oder anspruchsvollen Patientenfällen konfrontiert. Ein resilientes Führungsteam betrachtet solche Herausforderungen als Gelegenheit zur Weiterentwicklung und motiviert das Team, kreative Lösungen zu entwickeln.

Stärkenorientierte Führung

Ein weiterer wichtiger Aspekt des „Positive Leadership“ ist die Fokussierung auf die Stärken des Personals. Es ist sinnvoll, das Team zu ermutigen, eigene Ideen zur Verbesserung der Abläufe einzubringen. Dazu können regelmäßige Teambesprechungen bzw. „Brainstorming-Sitzungen“ dienen, in denen Mitarbeitende beispielsweise Vorschläge zur effizienteren Gestaltung der Prozesse machen.

Eine Laborleitung, die die individuellen Stärken, Fähigkeiten und Talente jedes Teammitglieds erkennt und fördert, schafft eine Umgebung, in der sich jeder einzelne entfalten kann. Dies trägt zu einer gesteigerten Arbeitszufriedenheit und Produktivität bei.

Dabei wird der individuelle Wert jedes Teammitglieds anerkannt und die Mitarbeitenden werden ermutigt, eigenverantwortlich zu handeln. Diese Herangehensweise steigert nicht nur die Motivation und das Engagement der Mitarbeitenden, sondern ist auch ausschlaggebend für die Entwicklung einer dynamischen und innovativen Arbeitskultur.

Fazit

Der Ausbau der dargestellten Kompetenzen führt somit zu einer höheren Zufriedenheit und Produktivität der Mitarbeitenden und wirkt sich direkt auf die Qualität der Arbeit aus. Durch eine effektive Führung können Laborleitungen nicht nur die Effizienz steigern und innovative Behandlungsmethoden erfolgreich implementieren, sondern auch dazu beitragen, die Position des Kinderwunschzentrums als vertrauenswürdige Einrichtung in der Reproduktionsmedizin weiter auszubauen.

Korrespondenzadresse:

Dipl-Kffr. Birgit Stülten

Stülten Consulting

D-24105 Kiel, Scharnhorststraße 3

E-Mail: bs@stuelten-consulting.de

Nachruf für Tatjana Kniewald

Die Arbeitsgemeinschaft Reproduktionsbiologie des Menschen (AGRBM) trauert um Frau Tatjana Kniewald. Mit großem Bedauern erfuhren wir, dass die bekannte Reproduktionsbiologin Tatjana ­Kniewald kurz vor ihrem 79. Geburtstag in Nasice, Kroatien, am 04.05.2024 verstorben ist.

Tatjana Kniewald wurde in Osijek, ­Kroatien, geboren. Sie studierte in Zagreb, später in Wien und Erlangen Biologie und arbeitete dann ab 1979 an der Frauenklinik des Universitätsklinikums Erlangen als Reproduktionsbiologin in der Arbeitsgruppe von Prof. Trotnow. Dort etablierte sie in experimentellen Studien die In-vitro-Fertilisation, um dann diese Methode auch am Menschen anzuwenden. Nach mehreren Anwendungen am Menschen war es dann 1981 so weit: Es kam zu einer Schwangerschaft, die dann zur Geburt des ersten deutschen IVF-Babys Oliver am 16.04.1982 geführt hat. Noch vor dessen Geburt besuchte sie 1981 die Arbeitsgruppe von Alan Trounson in Melbourne, Australien, um ihre Erfahrungen mit den Mitarbeitern der dortigen Arbeitsgruppe zu teilen und insbesondere Techniken zur Kryokonservierung von Embryonen zu entwickeln.

Zum 01.01.1986 verließ Tatjana Kniewald Erlangen und gründetet zusammen mit ihrem Ehemann, dem Humangenetiker Alfred Kniewald, und zwei Ärzten das erste private IVF-Zentrum Deutschlands in Würzburg. Dort fand auch im Mai 1986 die Geburt des ersten Babys nach Kryokonservierung und Transfers eines Embryos statt. Im Oktober 1987 wechselte das Ehepaar Kniewald dann an das private IVF-Zentrum in Prien, wo sie 17 Jahre lang erfolgreich das Labor leiteten. Von 1990 bis 2000 führten sie parallel auch das IVF-Labor-in der Privatklinik in Bad Dürrnberg, Österreich.

Ab 2005 lebten die Kniewalds in Kroatien in ihrem Ruhestand, blieben aber weiterhin aktiv und arbeiteten in verschiedenen IVF-Zentren in der Region. Insgesamt baute Tatjana Kniewald in 25 IVF-Zentren die Labore auf, so auch in Spanien und in der Balkanregion, und hat dabei unzählige Reproduktionsbiologinnen und -biologen ausgebildet, motiviert und inspiriert, die heute in tiefer Dankbarkeit auf diese Zeit zurückblicken. Tatjana Kniewald erlangte auch international Anerkennung durch ihre zahlreichen Veröffentlichungen und war Ehrenmitglied der Kroatischen Gesellschaft klinischer Embryologen.

Ab 2014 lebte das Ehepaar wieder in Deutschland. Tatjana Kniewald hinterlässt ihren Ehemann und Sohn Adrian mit Familie.

Tatjana Kniewald versprühte stets viel Energie und war allem Neuen sehr aufgeschlossen. Nur so war es möglich, Neues zu schaffen, so wie die erfolgreichen ersten Versuche der In-vitro-Fertilisation in Erlangen, wo sie wesentlich am Erfolg der Arbeitsgruppe federführend beigetragen hat. Tatjana Kniewald war dabei ein ganz besonderer Mensch, begeisterungsfähig, offen und herzlich. Sie hat jedem brennende Fragen um die Methoden der In-vitro-Fertilisation beantwortet. Gerne erinnere ich mich an ihre Besuche an ihrer alten Wirkstätte in der Erlangener Frauenklinik und ihre Mitarbeit in einer Reihe von Beiträgen in Fernsehproduktionen zu den Jahrestagen der Geburt des ersten deutschen IVF-­Babys.

Wir verlieren mit Tatjana Kniewald einen außergewöhnlichen Menschen, eine Visionärin mit viel Freude am Leben und unermüdlichem Tatendrang.

Wir sind ihr zutiefst dankbar und werden Tatjana Kniewald stets ein ehrendes Andenken bewahren.

Ralf Dittrich

für die Arbeitsgemeinschaft Reproduktionsbiologie des Menschen (AGRBM)

Gesellschaftsmitteilungen – BRZ

Junge Forschung im Fokus

Der Preisträger-Film zur Bedeutung des CatSper-Kanals bei Kinderwunsch ist nun auch mit englischen Untertiteln versehen und veröffentlicht. Machen Sie in Ihren Zentren Gebrauch von diesem Film! Unser Dank geht an das Team um Prof. Timo Strünker und Dr. Sam Young vom CERA in Münster und an das Team von B2-Videomarketing.

https://www.youtube.com/watch?v=lwIjF8x1myQ&t=11s

Auch alle anderen Filme des BRZ auf dem Kinderwunschkanal sollten mehr genutzt werden. Die Filme sind wertvolle Informationsquellen für die Patientenpaare und darüber hinaus kostenfreie Werbung für die Sache und jedes reproduktionsmedizinische Zentrum.

Wenn Sie die Filme direkt in Ihren Internetauftritt einbauen möchten, wenden Sie sich bitte per Mail an ­Monika ­Uszkoreit,
E-Mail: uszkoreit@repromed.de

Neues Feld im D·I·R-Datensatz zur Ermittlung der Abrechnungsart reproduktionsmedizinischer Behandlungen

Der BRZ ist den Mitgliedern und dem Vorstand des Deutschen IVF-Registers sowie Herrn Kimmel sehr dankbar für die Integration eines neuen Feldes zur Ermittlung der Abrechnungsart. Die erhaltenen Informationen werden den BRZ bei seinen berufspolititschen Diskussionen wesentlich unterstützen. Das neue Feld, das in den jüngsten ­MedITEX-, ARTbox®- und DIRproNOVA®-Versio­nen integriert wurde, nimmt die Abrechnungsart je Behandlung (GKV/EBM, GOÄ mit Erstattungsanspruch, GOÄ ohne Erstattungsanspruch, nicht bekannt) auf. Da es dieses Feld zuvor bereits im Falle von MedITEX gab, benötigt es für die korrekte Übergabe an das D·I·R lediglich eine (einmalige) Überprüfung der bisherigen Einstellungen im jeweiligen MedITEX (Systemtabelle Abrechnungsart) und ggf. kleine Anpassungen.

Gemeinsam mit dem D·I·R arbeitet der BRZ-Vorstand derzeit daran, eine einfachere Umsetzung der Abfrage zu formulieren. Bei Rückfragen steht Ihnen Markus Kimmel in der Geschäftsstelle des Registers gern zur Verfügung.

3. Fachtag (hybrid) des „KompKi“-Kompetenzzentrum Kinderwunsch am 10.06.2024 in Berlin

Unter dem Titel Kinderwunsch im Fokus: Kompetenzen rund um den Kinderwunsch erweitern – Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt „KompKi“ fand im Rahmen des KompKi-Forschungsprojektes der große Abschlussfachtag statt. Durchführung des Projektes sowie des Fachtages wurde vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert. Der wissenschaftliche Beirat des Projekts hat bei den zuständigen Gremien dafür geworben, dass eine Fortführung bzw. zumindest die weitere Pflege und Aktualisierung der gewonnenen Daten trotz der misslichen Haushaltslage erfolgt. Das BMFSFJ hat dankenswerter Weise bereits zugesagt, dass die wissenschaftliche Nutzung der Datensammlung für die Forschung ermöglicht werden wird.

Die Nachlese des Fachtags finden Sie im Netz auf den Internetseiten des Projekts. Ich möchte Ihnen insbesondere die Präsentation von Prof. Claudia Wiesemann (Universitätsmedizin Göttingen, Institut für Ethik und Geschichte der Medizin) ans Herz legen.

https://www.kompki.de/app/­download/14339535288/240610_­Wiesemann_Ethik+Reproduktionsmedizin+2024.pdf?t=1719231042

Die gesamte Nachlese finden Sie unter https://www.kompki.de/veranstaltungen/fachtag-10-06-2024-1/

Unser Dank geht an die Mitarbeiterinnen des Projekts und vor allen Dingen an Prof. Dr. Birgit Mayer-Lewis (Evangelische Hochschule Nürnberg) für ihren großen Einsatz und ihre Kreativität bei den Überlegungen zu einer zukünftigen Bündelung der Informationsflut auf dem Gebiet „unerfüllter Kinderwunsch“.

Ankündigungen

BRZ-Abrechnungsseminar 2024

14. September 2024 nachmittags in Fulda

Alle Informationen und ein Anmeldeformular finden sich in diesem Heft.

BRZ-Herbsttreffen 2024

im Rahmen des IVF-Gruppen Treffens in Hamburg

Samstag, 23.11.2024

Mehr zum Gruppen Treffen: https://www.ivf-2024.de/

16. BRZ Intensivseminar gyn. Endokrinologie & Reproduktionsmedizin

23. bis 25. Januar 2025

GLS-Campus, Berlin Prenzlauer Berg

Sie können sich bereits vormerken lassen per Mail an brz@repromed.de

Bitte unbedingt einplanen!

Ordentliche Mitgliederversammlung des BRZ 2025 (mit Vorstandswahlen)

2. bis 4. Mai 2025

Wie immer in Berlin, im Hotel Abion Spreebogen

Korrespondenzadresse:

Monika Uszkoreit

E-Mail: uszkoreit@repromed.de

Trauer um PD Dr. Dr. Ulrich Schneider 25.10.1946–06.07.2024

PD Dr. Dr. Ulrich Schneider war entscheidend als Embryologe und Teilhaber in die Planung der Deutschen Klinik Bad Münder involviert, die 1987 als eines der ersten privaten Kinderwunschzentren in Niedersachsen gegründet wurde. Aus der Deutschen Klinik Bad Münder wiederum entstand 2007 nach der Fusion mit dem Labor Wagner die heutige Amedes-Gruppe. Er hatte sich mit großer Leidenschaft und Engagement für das Unternehmen eingesetzt. Auch für die Planung und Gründung der Kinderwunschzentren in Kassel und Amedes Barkhof in Hamburg war Dr. Schneider verantwortlich. Zuvor war er als Tierarzt (!) in der Funktion eines Embryologen an der Entstehung des ersten IVF-Babys in Niedersachsen an der MHH beteiligt. Neben seiner langjährigen Tätigkeit als Laborleiter führte Dr. Schneider zehn Jahre lang das Deutsche Institut für Reproduktionsmedizin, das Grundlagenforschung auf dem Gebiet der Fortpflanzung zum Ziel hatte. Nach dem altersbedingten Ausscheiden aus dem Team der Deutschen Klinik widmete sich Dr. Schneider bis zuletzt engagiert dem Aufbau eines Netzes von Kinderwunsch-Praxen in Indien.

Dr. med. Arvind Chandra

Bad Münder

Gesellschaftsmitteilungen – DGGEF

Inositol bei Polyzystischem Ovar-Syndrom (PCOS)

V. Seifert-Klauss

1850 wurde der „Muskelzucker“ ­Inosit erstmals von Prof. Johann Joseph ­Scherer, dem Würzburger Dekan und Mitbegründer der Klinischen Chemie, aus Muskelzellen isoliert. Im menschlichen Körper existieren 9 Stereo-Isomere von Inositol, die Strukturkomponenten von Zellmembranen sind an der Hormon-Signal-Transduktion beteiligt. Myo-Inositol ist das im menschlichen Körper am häufigsten vorkommende Inositol, es wird sowohl endogen gebildet wie auch mit der Nahrung aufgenommen. Es fördert die Glukose-Aufnahme in der Plasma-Membran und vermindert auch die Freisetzung von Fettsäuren aus Fettgewebe. Insulin stimuliert die Konversion von Myo-Inositol in D-Chiro-Inositol (DCI), das zusätzlich die Glykogen-Produktion stimuliert.

In den letzten 10 Jahren gab es kaum Daten zur Anwendung von komplementären Therapien beim PCOS. In einer australischen Umfrage von 2014 berichteten 70 % aller antwortenden PCO-Betroffenen von komplementären Therapien, vor allem Nahrungsergänzungsmitteln.

Im Rahmen des Updates der Internationalen evidenzbasierten PCOS-Guide­lines 2023 erfolgte eine systematische Evidenzrecherche und Meta-Analyse zu Inositol, deren Ergebnis jetzt im Journal of Endocrinology and Metabolism (JCEM) der Endocrine Society publiziert wurde [1]. Darin werteten die Autoren 30 Studien (aus insgesamt 43 Volltext-Publi­kationen) aus, 19 davon gingen in die Meta-Analyse ein.

Die Studien hatten durchschnittlich 36 Teilnehmerinnen (8–195) zwischen 15 und 36 Jahren und dauerten 6 Wochen bis max. 6 Monate, mit einem Follow-up in manchen Studien von 8 Wochen bis max. 6 Monaten. Der BMI der Teil­nehmerinnen lag zwischen 20,1 und 32,4 kg/m². Die Studien stammten überwiegend aus Italien (n = 15), Indien und südosteuropäischen Ländern. Drei der Studien waren Placebo-kontrolliert, andere – v. a. die 10 Studien mit dem Endpunkt Verbesserung von Infertilität – hatten Ko-Interventionen (Letrozol, Gonadotropine, GN mit IUI, oder IVF mit oder ohne ICSI). Drei Studien hatten die Veränderung des BMI als Endpunkt. Die Ergebnisse sind hier kurz zusammengefasst.

D-Chiro-Inositol (DCI)

DCI war in den beiden dazu durchgeführten Studien (20 bzw. 44 Teilnehmerinnen; 600–1200 mg/d) gegenüber Placebo bezüglich SHBG, DHEAS und freiem Testosteron (FT) überlegen (1,8 µg/dl, –1,39 ng/dl und –0,46 ng/dl Unterschied für die 3 Parameter). Bezüglich Gesamttestosteron oder Androstendion zeigte sich über 12 Wochen kein Unterschied. Die „Area under the Curve“ (AUC) für Insulin und Glukose verbesserte sich, ebenso wie Triglyzeride unter DCI im Vergleich zu Placebo, aber für Nüchternglukose, Nüchterninsulin und Gesamtcholesterin zeigten sich keine Unterschiede. Placebo war DCI in Bezug auf das BMI-Therapieergebnis überlegen, für die „Waist-Hip-Ratio“ (WHR) fand sich kein Unterschied. Die Ovulationsrate (gemessen an Progesteronwerten > 8 ng/dl) verbesserte sich unter Therapie mit DCI im Vergleich zu Placebo. Aufgrund der sehr geringen Fallzahlen wurde die Evidenz als wenig vertrauenswürdig eingestuft.

Myoinositol (MI)

Myoinositol vs. Folsäure

In 8 Studien mit Vergleich von MI (2–4 g/d) mit oder ohne Folsäure (FA) (200–400 ?g/d) gegenüber Folsäure ­allein über 4–12 Wochen zeigten sich ­keine Unterschiede in den beiden Gruppen hinsichtlich des Therapieergebnisses der Androgenisierungserscheinungen und der Werte für Gesamttestosteron und Androstendion. Zwischen den beiden Gruppen zeigte sich zudem kein Unterschied der Nüchternglukose-Werte, des BMI, der Schwangerschafts- und Ovulationsraten.

Myoinositol vs. Metformin

Metformin war MI in 10 Studien über 3–6 Monate hinsichtlich einer Verbesserung von Androgenisierungserscheinungen überlegen (Ferriman-Gallwey-Score, FG), wohingegen MI hinsichtlich der SHBG-Werte überlegen war. Für Gesamttestosteron zeigten sich keine Unterschiede. Auch die metabolischen und die meisten anthropometrischen Therapieergebnisse, u. a. Nüchternglukose, Nüchterninsulin, HOMA-Index, Gesamtcholesterin, HDL- und LDL-Cholesterin, Gewicht, BMI oder Taillenumfang waren nicht unterschiedlich. Metformin war MI jedoch in zwei Studien hinsichtlich der WHR überlegen.

Die beiden Therapien zeigten keine Unterschiede hinsichtlich des Wiedereinsetzens normaler Menstruationszyklen, der Ovulationsraten sowie der Schwangerschaftsraten.

In der MI-Gruppe traten weniger unerwünschte gastrointestinale Arzneimittelwirkungen (UAWs) auf als in der Metformin-Gruppe.

Die Ergebnisse der neuen Publikation stehen im Einklang mit einer zuvor durchgeführten Meta-Analyse von Jethaliya et al., die die Wirksamkeit von MI im Vergleich zu einem beliebigen Vergleichsmedikament im Hinblick auf anthropometrische, metabolische und endokrine Therapieergebnisse bei PCOS untersuchten und 17 RCTs einschlossen [2]. Ähnlich wie die hier vorliegenden Ergebnisse fanden sie, mit Ausnahme des Androstendionspiegels, der sich unter Inositol verringerte, keine Verbesserungen der anthropometrischen (BMI, WHR), metabolischen (Nüchterninsulin, Nüchternglukose, HOMA-IR) oder hormonellen (luteinisierendes Hormon, FSH, Östradiol, SHBG, DHEAS und Gesamttestosteronspiegel) Parameter.

Eine höhere Rate an Zyklusnormalisierungen und eine stärkere Reduzierung des BMI und des Gewichts in der Inositol-Gruppe im Vergleich zu Placebo wurde in einer anderen Analyse von Greff et al. berichtet [3]. Ein möglicher Grund für die Diskrepanz ist, dass dort Studien miteinbezogen waren, die in der vorliegenden Arbeit aufgrund von Un­sicherheiten hinsichtlich der Forschungsintegrität ausgeschlossen worden waren.

Metformin war bei klinisch wichtigen Endpunkten wie zentraler Adipositas (WHR) und Hirsutismus (Ferriman-Gallwey-Score) wirksamer als MI.

Unter Metformin traten mehr gastro­intestinale Nebenwirkungen auf als unter MI. Diese Nebenwirkungen sind in der Regel mild und selbstlimitierend, können jedoch bei manchen Patientinnen auch zum Absetzen der Therapie führen.

Metformin wird in den PCOS-Leitlinien für das Management der anthropometrischen und metabolischen Therapieziele bei Frauen mit einem BMI ? 25 kg/m² empfohlen und sollte als Erstlinienbehandlung eingesetzt werden. Der Einsatz von MI als Alternative zu Metformin könnte bei Frauen in Betracht kommen, die Metformin nicht vertragen.

Auch wenn komplementäre Arzneimittel von Patientinnen teilweise risikoärmer als Pharmazeutika angesehen werden, ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass die meisten Nahrungsergänzungsmittel von keinen Überwachungsbehörden reguliert werden. Herstellungsstandards können variieren, was zu uneinheitlicher Qualität führt. Die Kosten für Inositol sind höher als die Kosten für Metformin.

Die Erkenntnisse sollen helfen, mit Pa­tientinnen eine gemeinsame Entscheidung über die Vorteile und Risiken der Verwendung von Inositol zur Behandlung von PCOS zu treffen.

Literatur:

1. Fitz V, Graca S, Mahalingaiah S, Liu J, Lai L, et al. Inositol for ­polycystic ovary syndrome: A systematic review and meta-analysis to inform the 2023 update of the international evidence-based PCOS Guidelines. J Clin Endocrinol Metab 2024; 109: 1630–55.

2. Jethaliya H, Gajjar N, Patel V, Deshpande S, Patel R. Efficacy of myo-inositol on anthropometric, metabolic, and endocrine outcomes in PCOS patients: a meta-analysis of randomized controlled trial. Reprod Sci 2022; 29: 2282–98.

3. Greff D, Juhász AE, Váncsa S, Váradi A, Sipos Z, et al. Inositol is an effective and safe treatment in polycystic ovary syndrome: a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Reprod Biol Endocrinol 2023; 21:10.

Korrespondenzadresse:

Prof. Dr. med. Vanadin Seifert-Klauss

Gynäkologische Endokrinologie

Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde

Technische Universität München

D-81675 München, Ismaninger Straße 22

E-Mail: vanadin.seifert-klauss@tum.de

Geschäftsstelle DGGEF e. V.

Anne Becker, c/o SoftconsuLt

D-35041 Marburg, Weißdornweg 17

E-Mail: info@dggef.de

Gesellschaftsmitteilungen – DGRM e. V.

DGRM-Journalclub: Hoher Anteil fertiler Ma?nner zeigt im Spermiogramm eine isolierte ­Teratozoospermie

Cheng LG, Miller D, Pelzman D, Wecht A, Hwang K. High rate of isolated teratospermia in a population of fertile men and the questionable clinical utility of sperm morphology. FS Rep 2024; 5: 140–44.

Am 13.06.2024 wurden u?ber den Elsevier Journal Alerts Publikationen der neuesten Ausgabe von Fertility and Sterility Reports versendet.

Eine dieser Arbeiten hat eine prospektive Kohortenstudie zum Inhalt, die die morphologische Qualita?t der Spermien von Ma?nnern mit nachgewiesener Fertilita?t untersucht hat. Hierbei zeigt sich, dass fast 56 % der Ma?nner eine isolierte Teratozoospermie (? 3 %) aufweisen. Die ­Autoren stellen daher die klinische Relevanz der Spermienmorphologie nach den strikten Kriterien in Bezug auf ihre Aussagekraft fu?r die Fertilita?t in Frage. Sie sei zwar nicht u?berflu?ssig und erlaube, spezifische strukturelle Spermien­defekte wie z. B. eine Globozoospermie zu erkennen. Generell mu?sse die Variable „normale Spermienmorphologie“ aber u?berdacht werden, um keine unno?tige Besorgnis bei Patienten und A?rzten zu verursachen.

In die Studie wurden 68 Ma?nner mit einem durchschnittlichen Alter von 36,7 Jahren eingeschlossen. Diese hatten sich zwischen Ma?rz 2020 und November 2022 vor einer geplanten Vasektomie in einem universita?ren Zentrum vorgestellt. Alle Ma?nner hatten mindestens ein Kind unter 5 Jahren auf natu?rlichem Wege gezeugt. Durchschnittlich hatten die Ma?nner drei Kinder, wobei das ju?ngste Kind durchschnittlich 11,5 Monate alt war.

Von allen Ma?nnern lagen die Daten zum Body-mass-Index, von 61 Ma?nnern Angaben zum Nikotinkonsum und von 59 Ma?nnern zum Alkoholkonsum vor.

Bei allen 68 Ma?nnern wurde ein Spermiogramm gema?ß den Vorgaben des WHO-Laborhandbuches in der 5. Ausgabe angefertigt. Die Auswertung erfolgte verblindet unabha?ngig durch zwei MTAs.

Spermienzahlen und Beweglichkeit waren normal bei mehr als 90 % der Ma?nner. Die Spermienmorphologie lag nur bei 44,1 % der Ma?nner im Referenzbereich; 55,9 % wiesen einen Anteil normal geformter Spermien von ? 3 % auf (bei zwei der 68 Ma?nner fanden sich keine morphologisch normalen Spermien). Mit u?ber 80 % waren Vera?nderungen des Spermienkopfes die ha?ufigste morphologische Sto?rung, gefolgt von aufgerollten Flagella in 20,3 %.

Assoziationen zwischen morphologischer Qualita?t der Spermien und Faktoren wie BMI oder Nikotinkonsum konnten in der Studie mit vergleichsweise geringer Fallzahl nicht nachgewiesen werden.

Kommentar

Die Vorhersagekraft der Spermienmorphologie in Bezug auf die Fertilita?t eines Mannes ist seit Jahrzehnten Gegenstand wissenschaftlicher, z. T. auch beinahe ideologisch anmutender Diskussionen. Diese sind sinnvoll, da die Variable „Spermienmorphologie“ nur eine subjektive Auswertung zum Spermiogramm beitra?gt. Selbst unter erfahrenen MTAs zeigen sich gro?ßere intra? und interindividuelle Schwankungen bei der Beurteilung morphologischer Vera?nderungen von Spermien.

Ein Blick in die Mitteilungen der Ergebnisse der Qualita?tskontrolle der Deutschen Gesellschaft fu?r Andrologie belegt aber ebenso eine erhebliche Streubreite bei vermeintlich objektiv zu ermittelnden Werten wie der Spermienkonzen­tration [Nieschlag et al. J Reproduktionsmed Endokrinol 2020; 19: 190]. Auch die Beurteilung der Spermienmotilita?t unterliegt subjektiven Einflu?ssen durch die beteiligten MTAs. Im Gegensatz zur Beurteilung der Morphologie erlaubt die Computer-assoziierte Samenanalyse aber eine immer zuverla?ssigere objektive Messung der Spermienbeweglichkeit.

In der vorliegenden Arbeit wird der Aspekt der Subjektivita?t zwar auch erwa?hnt. Das Hauptargument ist aber der hohe Anteil von sicher fertilen Ma?nnern mit isolierter Teratozoospermie. Schwangerschaften seien offensichtlich auch ohne Nachweis normal geformter Spermien mo?glich.

Dieses Statement gibt keine neue Erkenntnis wieder. Es sei an den ausdru?cklichen Hinweis in der 6. Ausgabe des WHO?Laborhandbuchs erinnert, dass Schwangerschaften natu?rlich auch bei Spermiogrammen außerhalb der Referenzbereiche eintreten ko?nnen. Das gilt nicht nur fu?r die Spermienmorphologie, sondern ebenso fu?r die Motilita?t und Spermienkonzentration/Spermiengesamt­zahl, ohne dass man deren Relevanz z. B. bei isolierter Oligo? oder Asthenozoospermie in Frage stellen wu?rde.

Daher beinhaltet eine andrologisch fundierte Beurteilung eines Spermiogramms eine Sicht auf die Gesamtsituation, insbesondere auch eine Einstufung des Schweregrades vorliegender Einschra?nkungen der Ejakulatqualita?t. In der Studie von Cheng et al. hatte die u?berwiegende Zahl der Ma?nner mit einer Teratozoospermie gema?ß WHO?Referenzwerten einen Anteil normal geformter Spermien von 2 und 3 %. Beru?cksichtigt man die hohen Gesamtspermienzahlen und die sehr gute Gesamtmotilita?t/Progressivmotilita?t, ist die absolute Zahl morphologisch normaler Spermien, die aufgrund der guten Motilita?t die Eizelle erreichen, hoch. Zudem weist die durchschnittliche Anzahl von drei zuvor gezeugten Kindern darauf hin, dass die Partnerinnen der in die Studie eingeschlossenen Ma?nner eine gute Fruchtbarkeit aufwiesen. Die Kompensation von Einschra?nkungen der Fertilita?t durch gute Fertilita?t der entsprechenden Partnerinnen/Partner ist ein bekanntes Pha?nomen. Durch diese Gesamtschau ergibt sich in der andrologischen Beurteilung eine plausible Erkla?rung fu?r den Eintritt der spontanen Schwangerschaften.

Anders sa?he dies bei zusa?tzlichen Einschra?nkungen des Spermiogramms aus. Durch Kombination verschiedener Sto?rungen, z. B. der Motilita?t und der Morphologie, erga?ben sich bei a?hnlichen Ergebnissen der morphologischen Qualita?t der Spermien ganz andere Beurteilungen und Therapievorschla?ge.

Doch auch bei einer solchen Situation gibt es durchaus ernst zu nehmende Hinweise darauf, dass trotz 0 % normaler Spermienmorphologie und auch sonst eingeschra?nktem Spermiogramm Schwangerschaften auf natu?rlichem Wege mo?glich sind. Die Autoren beziehen sich u. a. auf eine Studie von Kovac et al. [­Asian J Androl 2017; 19: 39], in der Ma?nner ohne den Nachweis morphologisch streng normal geformter Spermien und bei gleichzeitig zum Teil eingeschra?nkter Spermienzahl und Motilita?t u?ber einen Zeitraum von 2,5 Jahren (Median) in ca. 30 % Kinder auf natu?rlichem Wege zeugten. Kovac et al. sehen daher keinen Sinn, Ma?nnern mit 0 % normaler Morphologie sofort zu IVF/ICSI zu raten und stellen die Relevanz der Beurteilung der Spermienmorphologie nach strikten Kriterien in Frage. Paare mit einer solchen Konstellation sollten zuna?chst eine natu?rliche Konzeption versuchen.

Diese Empfehlung ist nachvollziehbar, wenn Ma?nner ihre Spermaqualita?t zu Beginn eines Kinderwunsches untersuchen lassen und sich eine Einschra?nkung der Spermienmorphologie zeigen sollte. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass fu?r Spermiogramm?Variablen wie die Morphologie eine nicht?lineare Assoziation mit der Konzeptionswahrscheinlichkeit anzunehmen ist; dementsprechend sind die Befunde im Sinne eines Kontinuums und nicht dichotom „normal“ versus „pathologisch“ zu interpretieren.

In der andrologischen/reproduktionsmedizinischen Routine kommen die Paare aber in der Regel erst nach mindestens einem Jahr (nicht selten auch mehr als 2 Jahren) ungewollter Kinderlosigkeit trotz ungeschu?tztem Geschlechtsverkehr in die Sprechstunde. Sollte sich dann bei unauffa?lligen gyna?kologischen Befunden eine hochgradige Einschra?nkung der Spermienmorphologie zeigen, sind deren klinische Relevanz eben nicht ausgeschlossen und eine Empfehlung zur Durchfu?hrung einer ICSI sinnvoll.

Berechtigt ist die in dem Artikel angesprochene Hinterfragung der klinischen Relevanz sehr strikter Kriterien fu?r eine „normale“ Spermienmorphologie. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Spermien mit z. B. minimalen U?berstreckungen doch zur Fertilisierung von Eizellen in der Lage sind.

Mo?gliche methodische Schwa?chen der vorliegenden Studie werden von den Autoren selbst thematisiert. So wurde nur ein Spermiogramm pro Mann beru?cksichtigt. Es gibt aber Hinweise darauf, dass die Spermienmorphologie eine fu?r Patienten relativ stabile Spermiogramm?Variable ist, d. h. intraindividuelle Schwankungen im Gegensatz zur Spermienkonzentration und der Gesamtzahl motiler Spermien geringer sind [Boeri et al. PLoS One 2023; 18: e0280519].

Cheng et al. verweisen in ihrer Publikation auch darauf, dass eine Teratozoospermie nicht mit dem BMI oder dem Nikotinkonsum der Ma?nner assoziiert war. Hierzu ist zu vermerken, dass die Zahl der in die Studie eingeschlossenen Ma?nner einfach zu klein gewesen ist. So rauchten nur 16/61 Ma?nnern, und nur 12/68 Ma?nnern hatten einen normalen BMI von 18,5–25.

Zusammenfassung

Die Studie von Cheng et al. weist auf die bekannten Schwa?chen bei der Beurteilung der Spermienmorphologie hin. Sie zeigt aber auch, dass eine Spermiogrammvaribale wie die Morphologie nicht singula?r betrachtet werden sollte. Erst durch Beru?cksichtigung der Gesamtkonstellation sind Ru?ckschlu?sse auf eine klinische Relevanz mo?glich.

Korrespondenzadresse:

Prof. Dr. med. Frank?Michael Ko?hn

Andrologicum Mu?nchen

E-Mail: info@andrologicum.com

Prof. Dr. med. Hans?Christian Schuppe

Bereich Andrologie

Klinik und Poliklinik fu?r Urologie, Kinderurologie und Andrologie Universita?tsklinikum Gießen und Marburg

E-Mail:
Hans?Christian.Schuppe@derma.med.uni?giessen.de

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XXXVIII. Jahrestreffen der Deutschen IVF-Zentren: „Segel setzen für die Zukunft“

22.–23. November 2024, Hamburg

Molbiol-Tagung 2024, 29.–30.11.2024, Düsseldorf

AGRBM meets DGRM, 11.01.2025, Düsseldorf

Weitere Informationen – auch gerne zu einer DGRM-Mitgliedschaft – erhalten Sie von:

DGRM e.V., Geschäftsstelle

Weißdornweg 17, D-35041 Marburg/Lahn

Tel +49 (0) 64 20 93 444

E-Mail: geschaeftsstelle@repromedizin.de

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Gesellschaftsmitteilungen – Deutsches IVF-Register e.V. (D·I·R)®

D·I·R Sonderauswertung: Wie war denn das Jahr 2023?

Oftmals erreicht das D·I·R nach dem Exportstichtag für das neue D·I·R-Jahrbuch die Frage, wie denn das nationale Jahr 2023 verlaufen sei. Zumeist vor dem Hintergrund, um es mit der zentrumseigenen Entwicklung vergleichen zu können. Beides konnten wir den D·I·R-Mitgliedern zur Verfügung stellen: sowohl die nationale Entwicklung als auch und direkt gegenübergestellt die Entwicklung des jeweiligen Zentrums für die letzten Jahre.

Wir möchten Sie gerne über die nationalen Zahlen auf Basis des Datenpools für das kommende Jahrbuch mit dem Stand vom 25.05.2024 an dieser Stelle infor­mieren.

Entwicklung der erfassten Zyklen 2019–2023

Betrachtet man die Entwicklung aller gestarteten Behandlungen und nimmt die Corona-Zeit einmal in den Hintergrund ergibt sich Folgendes: Exakt 131.000 gestartete Behandlungen im Zyklusjahr 2023 bedeuten ein Plus von knapp 20.000 Behandlungen oder 16,7 % im Vergleich zum letzten Jahr vor Corona 2019. Ein nur geringes Wachstum von 2019 auf 2020 und ein deutliches Wachstum von 2020 auf 2021 sind den Corona-Besonderheiten zuzuschreiben, wir berichteten bereits darüber. Das besonders starke ­Niveau 2021 konnte 2022 fast wieder erreicht werden, während es im Jahr 2023 wieder ein kleines, aber spürbares Plus gab.

Entwicklung der plausiblen Frischzyklen 2019–2023

Im besonderen Coronajahr 2021 ­nahmen auch die gestarteten und plausiblen Frischzyklen deutlich um 10,1 % zu. Das Jahr 2021 wurde 2022 und 2023 jedoch nicht gehalten, während sich 2023 in etwa auf dem 2022er-Niveau stabilisierte.

Betrachtet man Corona-unabhängig den gesamten Zeitraum von 2019 zu 2023, resultieren die Frischzyklen in einem Plus von 5,8 %.

Entwicklung der plausiblen Auftauzyklen 2019–2023

Bei der Entwicklung der Auftauzyklen setzen sich die überproportionalen und deutlichen Steigerungen in fast jedem Jahr gleichbleibend fort.

Die jüngeren technischen Methoden und Möglichkeiten, bspw. die der Vitrifikation, und mittlerweile auch sichtbar der Strategie-Wechsel vom DET Frisch zu SET Frisch und nachfolgendem SET Auftau in vielen Zentren tragen dazu bei.

Über den gesamten Zeitraum und ohne sichtbaren Corona-Effekt stehen die Auftauzyklen 2023 zu 2019 mit über 13.000 Zyklen für ein Plus von 41,0 %!

Diese Sonderauswertung findet sich auch unter https://www.deutsches-ivf-register.de/mitgliederbereich.php, die jeweils zentrumsindividuellen Entwicklungen wurden den Zentren zugesendet.

Das europäische Registerprojekt EuMAR der ESHRE und Deutschland

Bisher und zunächst auch weiterhin: wie bekannt aggregiert und übermittelt das D·I·R jährlich die Daten aus Deutschland gemäß den Anforderungen an das EIM (European IVF Monitoring). Von dort fließen sie dann in das Weltregister ­ICMART ein. Im EIM-Konsortium vertritt das D·I·R-Vorstandsmitglied Dr. med. Tandler-Schneider Deutschland und das D·I·R-Kuratoriumsmitglied Prof. Dr. med. Kupka ist der Vertreter des EIM bei ICMART.

Die EU finanziert das Pilotprojekt eines neuen europäischen Cycle-by-Cycle-Registers. Es entsteht das EuMAR: European monitoring of Medically Assisted Reproduction.

Wir freuen uns und empfinden dies auch als Anerkennung für die Reputation und Arbeit des D·I·R, dass Deutschland als eines der beiden Pilotländer für die Übertragung aus nationalen Registern ausgewählt wurde. Dr. med. Tandler-Schneider und Markus Kimmel sind die Vertreter Deutschlands in der entsprechenden EuMAR-Arbeitsgruppe. Von der ESHRE sind Markus Kimmel für die Gesamtkoordination Deutschland und CRITEX für die technischen Umsetzungen entsprechend beauftragt worden.

Ebenso freuen wir uns, dass sich sehr dankenswerterweise acht Zentren als Pilotzentren für Deutschland zur Verfügung stellen:

  • Kinderwunschzentrum Dresden, Dresden
  • Praxis für Fertilität, Rostock
  • Kinderwunschzentrum Leipzig-Chemnitz, Leipzig
  • novum, Duisburg/Essen
  • Kinderwunschzentrum Altonaer Straße (MVZ), Hamburg
  • UniKiD, Düsseldorf
  • Fertility Center Berlin, Berlin
  • Zentrum für Kinderwunsch und Reproduktionsmedizin, gyn-medicum Göttingen

Die Pilotphase beginnt mit allen neuen Behandlungen (Inseminationen, IVF, ICSI, IVF/ICSI, Kryo, Freeze All), die einen Behandlungsstart ab dem 01.07.24 haben. Es werden alle Behandlungen mit einem Beginn bis zum 31.12.24 eingeschlossen sowie deren Follow-up bis zum 30.09.2025.

Termine D·I·R-Jahrbuch und D·I·R Mitgliederversammlung mit Wahlen

Die Veröffentlichung des D·I·R Jahrbuchs 2023 findet anlässlich des XXXVIII. Jahrestreffens der Deutschen IVF-Zentren vom 22.–23.11.2024 in Hamburg statt.

Auf der im Rahmen dieses Treffens ebenfalls stattfindenden ordentlichen D·I·R-Mitgliederversammlung 2024 enden die vierjährigen Amtszeiten des D·I·R-Vorstands, des D·I·R-Kuratoriums und der D·I·R-Kassenprüfer.

Demzufolge wird für die nächsten vierjährigen Amtsperioden gewählt werden und Interessenten können sich gerne beim D·I·R-Vorstand oder der D·I·R- Geschäftsstelle melden und/oder sich dort vorab weiter informieren.

Korrespondenzadresse:

Markus Kimmel

Deutsches IVF-Register e.V. (D·I·R)®

Leitung Geschäftsstelle und Daten­management

E-Mail: geschaeftsstelle@deutsches-ivf-register.de


 
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