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Summary
Neuhold U  
Echokardiographie aktuell: Differentialdiagnose: der akute Thoraxschmerz

Journal für Kardiologie - Austrian Journal of Cardiology 2014; 21 (Supplementum A): 24-26
Journal für Kardiologie - Austrian Journal of Cardiology 2007; 14 (7-8): 224-226

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Abb. 1: EKG Abb. 2: Vierkammerblick Abb. 3: EKG - Schmerz Abb. 4: Vierkammerblick Abb. 5: Zweikammerblick Abb. 6: Dreikammerblick Abb. 7: Linke Kranzarterie Zum letzten Bild



Keywords: EchokardiographieThoraxschmerz

Vorgeschichte
Eine 72jährige Frau wird wegen Übelkeit und Nachtschweißigkeit stationär aufgenommen. Ambulant wurde bereits vor 4 Wochen eine Gastroskopie mit dem Befund eines Ulcus ventriculi durchgeführt, eine Protonenpumpenhemmertherapie wurde eingeleitet. Laborchemisch fällt eine normochrome, normozytäre Anämie mit einem Hb von 8,7 auf, die Leukozyten sind mit 27.000 erhöht, ebenfalls das CRP mit 17,3. Im Aufnahme-EKG (Abb.1) zeigt sich im wesentlichen ein Normalbefund. Auch die Echokardiographie am Aufnahmetag (Abb. 2) zeigt eine global gute Linksventrikelfunktion ohne Hinweis auf regionale Wandbewegungsstörungen. Die Klappen sind intakt. Da auch die Okkulte positiv waren, wird ergänzend zur bereits durchgeführten Gastroskopie noch eine Kolonoskopie unter Sedoanalgesie angeschlossen, die den Befund einer ischämischen versus infektiösen Colitis mit verschieden großen oberflächlichen Ulzerationen im gesamten Kolon bringt. Zahlreiche Biopsien werden entnommen. Wenige Stunden später klagt die Patientin über heftige präkardiale Schmerzen, die von epigastrisch nach präkardial sowie in die linke Schulter und den Kieferwinkel ausstrahlen. Das EKG (Abb. 3) zeigt jetzt einen R-Verlust über der Vorderwand sowie einen Wechsel zwischen SR und atrialem Rhythmus.
Echokardiographie
Es zeigt sich eine ausgedehnte Wandbewegungsstörung septal, apikal, lateral, weit auf inferior und posterolateral übergreifend, lediglich die basalen Anteile kontrahieren gut (Abb. 4–6). Global wirkt die Linksventrikelfunktion mittelgradig reduziert. Weiters leichte Mitralinsuffizienz mit zentralem Jet, kein Hinweis auf Rechtsbelastungszeichen.
Angiographie
Die im Anschluß durchgeführte Koronarangiographie zeigt den erwarteten Ausschluß einer stenosierenden KHK, lediglich leichte Sklerosezeichen im LAD sind zu erkennen (Abb. 7, 8). Die Ventrikulographie (Abb. 9) zeigt eindrucksvoll das Bild eines Tako-Tsubo-Syndroms.
Verlauf
In der Telemetrie fallen nicht anhaltende VTs auf. Troponin T steigt auf 0,35 an ohne Entwicklung von CK-MB. Das EKG am Folgetag (Abb. 10) zeigt tiefe negative T in I, II, AVL, AVF, sowie V2–V6. Vier Tage später kommt es bereits zu einer leichten Rückbildung der Wandbewegungsstörung. Die Echokardiographie bei Entlassung eine Woche später (Abb. 11) zeigt bereits eine völlige Normalisierung des linken Ventrikels, allenfalls eine winzige, streng apikale Hypokinesie ist noch zu erkennen.
Kommentar
Das Tako-Tsubo-Syndrom wurde erstmals in Japan beschrieben und heißt übersetzt „Tintenfischfalle“ – der Begriff bezieht sich auf ein bauchiges Gefäß mit schmalem Hals. Diese Bezeichnung spiegelt sehr gut das sowohl echokardiographische als auch ventrikulographische Erscheinungsbild der sehr guten basalen Kontraktion, jedoch ballonartig aufgetriebenen Akinesie der Herzspitze, wider. Es tritt überwiegend bei menopausalen Frauen infolge eines emotionalen oder physischen Streßzustandes auf, ähnelt in Klinik und EKG sehr einem akuten Myokardinfarkt und ist daher sehr schwer davon zu unterscheiden. Im Akut-EKG finden sich in der Regel ST-Hebungen wie bei Anteroseptalinfarkt, an Rhythmusstörungen können VTs vorkommen. In unserem Fall zeigte das Akut-EKG nicht diese Hebungen, lediglich ein R-Verlust war im Vergleich zum Aufnahme-EKG auffällig. Allerdings zeigte sich ein Wechsel zwischen SR und atrialem Rhythmus – ein Phänomen, welches bisher in der Literatur noch nicht beschrieben war. Im subakuten Zustand sind tiefe negative T mit bizarrem QT typisch, die Enzymauslenkung ist in der Regel moderat, bei uns fand sich lediglich ein Troponin T-Anstieg. Die Kolonoskopie, obwohl in Sedoanalgesie durchgeführt, fungierte offenbar als emotionaler Streßtrigger. Diagnostisch hinweisend war das Ausmaß der regionalen Wandbewegungsstörung im Echo, welches das zu erwartende Versorgungsgebiet des LAD deutlich überschritt. Zur Diagnosesicherung kann auf eine Koronarangiographie in der Regel aber nicht verzichtet werden. Die Langzeitprognose ist erfreulicherweise gut, die anfangs ausgedehnte Wandbewegungsstörung bildet sich in der Regel im Verlauf von Wochen vollständig zurück.
 
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