Böhmer A | ||||||||||||||||
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Echokardiographie aktuell: Ursache von respiratorischer Insuffizienz und vorgewölbtem Abdomen? Journal für Kardiologie - Austrian Journal of Cardiology 2007; 14 (11-12): 342-344 Volltext (PDF) Fallbeschreibung Abbildungen mit Filmsequenzen
Keywords: Abdomen, Echokardiographie, Fallbericht Vorgeschichte Bei einem 48jährigen Mann ist eine fortgeschrittene lysosomale Speicherkrankheit in Form einer Mucopolysaccharidose bekannt. Es bestehen typische somatische Veränderungen mit großem Kopf, auffallend vergröberten Gesichtszügen, eingesunkener Nasenwurzel und Makroglossie, gedrungener Körperbau, progressiver neurologischer Abbau mit rezidivierenden zerebralen Krampfanfällen, Gelenkskontrakturen sowie eine mäßige Hepatomegalie. Der Patient ist wegen Obstipation und rezidivierenden Aspirationspneumonien stationär. Dabei kommt es zu einer schweren akuten respiratorischen Insuffizienz, sodaß der Patient auf die Intensivstation verlegt werden muß. Primär wird als Ursache ein neuerlicher respiratorischer Infekt sowie die bei Mucopolysaccharidosepatienten häufig gestörte bronchiale Clearance als Ursache angenommen; ein weiters auffallendes vorgewölbtes, ausladendes Abdomen ist bei dieser Erkrankung ebenfalls ein typischer Befund und wird auf die Grundkrankheit zurückgeführt. Trotz entsprechender therapeutischer Maßnahmen verschlechtert sich die Situation jedoch zunehmend, elektrokardiographisch zeigen sich bei Sinusrhythmus eine relative Niedervoltage sowie unspezifische Veränderungen der ST-Strecke (Abb. 1). Vorbekannt ist eine deutliche Linkshypertrophie sowie eine hämodynamisch nicht wirksame Mitralklappenstenose, beides im Rahmen der Mukopolysaccharidose, wobei aber bisher keine Herzinsuffizienzsymptome aufgetreten sind. Echokardiographie In der akut durchgeführten Echokardiographie fallen sofort riesige beidseitige Pleuraergüsse sowie ein sehr großer Aszites im gesamten Abdomen (Abb. 2; Film „Vierkammerblick mit Aszites und Pleuraergüssen“) auf. Es zeigt sich ein konzentrisch massiv hypertrophiertes linksventrikuläres Myokard, welches auffallend echoreich und körnig wirkt (Abb. 3), bei guter systolischer Linksventrikelfunktion ohne regionale Wandbewegungsstörungen. Das rechtsventrikuläre Myokard sowie die rechtsventrikulären Trabekel und die Sehnenfäden der Trikuspidalklappe zeigen sich ebenfalls wie auch sämtliche Klappen etwas verdickt. Besonders auffallend ist die massiv verdickte, deformiert erscheinende Mitralklappe (Abb. 4, 5; Film „Mitralklappe“) mit einem leichten „doming“ der Segel bei der Klappenöffnung und einer hämodynamisch nicht wirksamen Mitralklappenstenose mit einem – im wesentlichen unverändert zu Vorbefunden – mittleren Druckgradienten von 5 mmHg (Abb. 6) mit einer minimalen Begleitmitralinsuffizienz. Weiters zeigt sich bei leicht dilatiertem rechten Ventrikel sowie vergrößerten Vorhöfen (Abb. 7) und einem leicht nach links gewölbten Vorhofseptum eine nicht wirksame Trikuspidalklappeninsuffizienz mit einer Geschwindigkeit von 3,6 m/sec (Abb. 8). Die Lebervenen sind erweitert, die Vena cava kollabiert vermindert. Weiters zeigt sich im Gewebedoppler am Mitralklappenring eine auffallend geringe frühdiastolische Geschwindigkeit mit einem E’ von nur 0,02 m/sec (Abb. 9). Die extrem niedrige diastolische Myokardgeschwindigkeit ist typisch für eine restriktive Kardiomyopathie durch die Speicherkrankheit mit schwerer diastolischer Dysfunktion. Das hierfür typische restriktive Einstrommuster der Mitralklappe ist durch die leichte Mitralstenose maskiert. In Summe besteht eine schwere diastolische Dysfunktion mit Linksdekompensation und konsekutiver schwerer pulmonaler Hypertonie, sowie eine schwere Rechtsdekompensation. Neben der Punktion der Pleuraergüsse erfolgte eine entsprechende diuretische Therapie, worauf sich die respiratorische Situation vorübergehend besserte. Es entwickelte sich jedoch eine therapieresistente Pneumonie, an der der Patient letztlich verstarb. Diskussion Bei Patienten mit Speicherkrankheiten ist bei entsprechenden Symptomen immer auch an die Möglichkeit des Vorliegens einer kardialen Mitbeteiligung zu denken; typischerweise kann es zu Ablagerungen im Myokard und nachfolgender restriktiver Kardiomyopathie sowie auch zu Einlagerungen endokardial bzw. im Bereich der Klappen mit nachfolgenden Klappenvitien kommen. Eine biventrikuläre Dekompensation ist eine häufige Todesursache. Umgekehrt soll, bei entsprechendem Befund in der Echokardiographie, als Ursache auch eine Speicherkrankheit in die Differentialdiagnose mit einbezogen werden. Die typische Konstellation „relative Niedervoltage im EKG bei hypertrophem Myokard“ sollte daran denken lassen. Die Diagnose wird anhand der jeweils für die einzelnen Krankheiten typischen klinischen Merkmale, durch die erhöhte Ausscheidung von Mucopolysacchariden (Dermatan- und Heparansulfat) im Urin sowie durch ergänzend spezifische Enzymassays (durch Blutuntersuchung oder Hautbiopsie) oder eventuell durch Nachweise der DNS-Mutation gestellt. Dies ist insofern von Bedeutung, als zunehmend spezielle Therapieformen für einzelne Speicherkrankheiten auf den Markt kommen. Am häufigsten findet sich das Bild einer restriktiven Kardiomyopathie durch Einlagerung von Fremdmaterial im Myokard allerdings bei der Amyloidose. |