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Echokardiographie aktuell: Gelungene Implantation eines Defibrillators mit Resynchronisationsfunktion, aber dem Patienten geht es schlechter ... Journal für Kardiologie - Austrian Journal of Cardiology 2008; 15 (9-10): 314-319 Volltext (PDF) Fallbeschreibung Abbildungen mit Filmsequenzen
Keywords: CRT, Defibrillator, Echokardiographie, ICD, LVF Vorgeschichte Vor 4 Jahren fand bei dem 73-jährigen Patienten ein Vorderwandinfarkt infolge Plaqueruptur statt, damals wurde koronarangiographisch der Ausschluss einer signifikant stenosierenden KHK getroffen. Seither ist eine reduzierte Linksventrikelfunktion (LVF) bekannt. Im letzten Jahr mehrfach stationäre Aufnahmen wegen kardialer Dekompensation, in diesem Zeitraum wurde die medikamentöse Herzinsuffizienztherapie, bestehend aus ACE-Hemmer und Betablocker in Maximaldosis, Spironolacton und Torasemid, optimiert. Auch Levosimendan wurde verabreicht. Der Pat. präsentiert sich jetzt überwiegend in NYHA-Stadium II–III, sodass die Indikation zur Implantation eines prophylaktischen Defibrillators (ICD) gestellt wird. Bei inkomplettem Linksschenkelblock mit einer QRS-Breite von 130 msec (Abb. 1) wird echokardiographisch auch in Richtung Resynchronisation (CRT) evaluiert. Echokardiographie präoperativ Es zeigt sich eine stark reduzierte LVF mit einer geschätzten EF von 35 % mit optisch gering vorhandener Asynchronie, sowie zusätzlicher Hypokinesie apikal und distal lateral (Abb. 2–4). Von den gemessenen Dyssynchronieparametern fand sich lediglich auf AV-Ebene ein signifikanter Wert mit einer "diastolic filling time" (dft) von 38 % (Cut-off: < 40 %) (Abb. 5). Auf interventrikulärer Ebene war das interventrikulär- elektromechanische Delay (IVEMD) mit 20 und das intraventrikuläre Delay (gemessen mittels M-Mode in der parasternalen kurzen Achse und PW-TDI in den apikalen Schnitten) außerhalb des signifikanten Bereiches. Es wird somit die Indikation zur Implantation eines ICD-CRT gestellt, da nach geltender Expertenmeinung auch die Dyssynchronie auf AV-Ebene alleine ausreichend ist, um einen Benefit durch zusätzliche Resynchronisation mit höherer Wahrscheinlichkeit voraussagen zu können. In einer 2-stündigen Operation in Vollnarkose wird eine ICD-Elektrode in den Apex des rechten Ventrikels (RV) geschraubt, eine steuerbare Elektrode septal in den rechten Vorhof geschraubt, sowie nach Anfertigung eines Koronarsinus-Venogramms (Abb. 6) eine Star-fix-Elektrode in eine laterale Vene fixiert. Die gute Lage der LV-Elektrode wird durch Messung des elektrischen Delays von 180 ms bestätigt (Abb. 7), ebenso zeigen sich ausgezeichnete Reizschwellenwerte. Es wird in gewohnter Weise Kammerflimmern über den frisch implantierten Defibrillator ausgelöst und prompt mit 20 J terminiert. Danach rasche Beendigung der Operation und Transfer des Patienten in extubierten Zustand mit RR 100/70 unter niedrig dosiertem Noradrenalin auf die Überwachungsstation. Eine Stunde später kommt es zu dramatischem RR-Abfall, verbunden mit respiratorischer Verschlechterung. Mittels c/p-Röntgen wird ein Pneumothorax ausgeschlossen, die Sondenlage überprüft (Abb. 8). Echokardiographie postoperativ Es zeigt sich einerseits zwar glücklicherweise der Ausschluss einer Perikardtamponade, was die naheliegendste differentialdiagnos tische Überlegung ist, jedoch leider eine dramatische Verschlechterung der LVF, die jetzt sicherlich mit deutlich weniger als 20 % EF einzuschätzen ist. (Abb. 9, 10). Die Geschwindigkeit im linksventrikulären Ausflusstrakt (LVOT) beträgt 0,6 m/s (Abb. 11), es findet sich auch nur eine leichte Trikuspidalinsuffizienz (Abb. 12). Versuchsweise wird die biventrikuläre Stimulation ausgeschaltet. Eine Änderung, gemessen an der Geschwindigkeit im LVOT, kann aber nicht festgestellt werden (Abb. 13). Es wird sodann akut eine AV-Zeitoptimierung durchgeführt, wobei sich bei gesensetem AV-Intervall von 100 ms das optimalste E-/A-Verhältnis im PW-Doppler der Mitralklappe ergibt (Abb. 14, 15). Es wird auch eine Levosimendaninfusion für 12 Stunden gestartet, zusätzlich zu Noradrenalin. Es kommt jetzt zur raschen klinischen Besserung, eine Re- Intubation konnte verhindert werden. Echokardiographie 15 Minuten später Es zeigt sich nun eine beginnende Besserung der LVF (Abb. 16, 17). Echokardiographie 4 Tage später (Pat. bereits mobil und in guter klinischer Verfassung) Die globale LVF ist jetzt gebessert, sie imponiert auch deutlich besser als präoperativ (Abb. 18–20), optisch ist keine Asynchronie mehr feststellbar. Es zeigt sich noch ein restriktives Füllungsmuster mit einer E/A > 2 und einer E/E‘-Ratio von 16 (Abb. 21, 22), die Geschwindigkeit über der Trikuspidalklappe von 2,9 m/s (Abb. 23) lässt auf einen systol. pulmonal arteriellen Druck von 40–45 mmHg bei gut kollabierender Vena cava inferior schließen. Kommentar Dieses Fallbeispiel zeigt eine seltene Komplikation nach primär erfolgreicher ICD-CRT-Implantation auf und unterstreicht die Wichtigkeit der Echokardiographie auch in der Aufdeckung von perioperativen Komplikationen. Die naheliegendste Differentialdiagnose wäre eine Perikardtamponade, ausgelöst durch eine Sondenperforation, gewesen, welche durch Echo natürlich rasch ausgeschlossen werden kann. In diesem Fall kam es zum akuten myokardialen Pumpversagen, echokardiographisch zu sehen an dem nahezu „No-output“- LV. Die Ursache dafür kann zwar auch in der biventrikulären Stimulation gesehen werden, zumal aus der Literatur bekannt ist, dass es auch zu einer Verschlechterung der LVF kommen kann, viel eher ist aber der bis dato noch immer häufig angewendete DFT- (defibrillation threshold-) Test bei bereits stark red. LVF als Ursache für das myokardiale Pumpversagen anzunehmen. Unter der Annahme, dass niedrige EF in Verbindung mit fortgeschrittenem NYHA-Herzinsuffizienzstadium als Prädiktor für hohe Defibrillationsreizschwelle gilt, hat sich in den vergangenen Jahren der DFT als Routinetest intraoperativ etabliert, wird aber neuerdings in der Literatur sehr kontroversiell diskutiert und mehrere namhafte Zentren sind bereits vom routinemäßigen Einsatz des DFT abgegangen. Einerseits kann es natürlich bei dem sehr kranken Patientengut dazu kommen, dass das induzierte Kammerflimmern mit der gewählten Energie und Elektrodenlage nicht terminiert werden kann, was im Falle eines nicht durchgeführten DFT einen nicht erkannten fehlenden Schutz bedeuten Abbildung 21: E-/A-Verhältnis restriktiv Abbildung 22: TDI mit „sample volume“ sept. MK-Ring würde, andererseits kann, wie im aktuellen Fall, auch bei prompter Terminierung ein myokardiales Pumpversagen resultieren. Unser aktueller Pat. benötigte bereits Wochen zuvor präoperativ Levosimendan und intraoperativ Noradrenalin. Wir sind daher dazu übergegangen, bei Pat. mit stark red. LVF nur noch bei präoperativ längere Zeit stabiler Herzinsuffizienz NYHA II, max. III und stabilen Operationsverhältnissen (stabile Hämodynamik auch ohne Katecholamine) einen DFT durchzuführen, in umgekehrten Fall jedenfalls darauf zu verzichten. |