Oddo S et al. | ||||||
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Postpartale Depression: Ein interdisziplinärer Therapie- und Forschungsansatz Journal für Gynäkologische Endokrinologie 2008; 2 (3) (Ausgabe für Österreich): 11-18 Journal für Gynäkologische Endokrinologie 2008; 2 (3) (Ausgabe für Schweiz): 15-21 Volltext (PDF) Summary Praxisrelevanz Abbildungen
Keywords: PPD, Psychosomatik, Psychotherapie Kurzfassung: Die postpartale Depression (PPD) tritt mit einer Prävalenz von 5–20 % aller Entbindenden auf und hat ihren Häufigkeitsgipfel in der 2.–6. postpartalen Woche. Zusätzlich zu den für eine Depression klassifizierten Symptomen wie Interessenverlust, Antriebslosigkeit und erhöhte Ermüdbarkeit treten im Rahmen der PPD kindbezogene Symptome wie Ambivalenz, Schuldgefühle gegenüber dem Kind, zwanghafte Impulse und Infantizidabsichten auf. Bisher existieren wenig umfassende Befunde zur Ätiologie und Pathogenese. Psychische Vorerkrankungen, verminderte soziale Unterstützung sowie Geburtskomplikationen und endokrinologische Faktoren werden mit der Entstehung einer PPD diskutiert. Inwiefern diese Faktoren zusammenhängen und sich gegenseitig beeinflussen, ist derzeit noch unklar. Auch die neuroanatomischen Grundlagen der postpartalen Depression sind bislang kaum erforscht. Aufgrund der möglichen verheerenden Auswirkungen der PPD ist eine frühzeitige Intervention notwendig. Zu diesem Zweck haben wir eine multimodale und interdisziplinäre Langzeitstudie entwickelt, um Frauen nach der Entbindung sowie Hebammen und Angehörige zu unterstützen und aufzuklären. Epidemiologische Daten und psychosoziale Faktoren werden neben Persönlichkeits- und Bindungsfaktoren sowie neuroanatomischen Aspekten untersucht. Ein umfassendes Beratungsangebot mittels Telefonhotline und therapeutischer Unterstützung wurde eingerichtet. Die ersten vorläufigen Ergebnisse unserer Studie zeigen, dass ein hoher Bedarf an Beratungsangeboten erforderlich ist, da ca. 50 Hotline-Anrufe in nur wenigen Monaten erfolgten. Die PPD-Prävalenz lag bei 8 % von 185 Frauen in einem Zeitraum von sechs Wochen nach der Entbindung. Bei 5 der 14 PPD-Patientinnen lag gleichzeitig eine verzögerte Bindung zum Kind vor. Mangelnde soziale Unterstützung sowie das Stillverhalten hingen nicht mit der PPD zusammen, vielmehr spielten psychische Vorerkrankungen in der Eigen- und Fremdanamnese eine Rolle. In unserem Kollektiv konnte bisher kein spezifischer "Key-Faktor" für die Entstehung einer PPD herausgestellt werden, vielmehr handelt es sich um eine multikausal bedingte Erkrankung. Es gibt erste Anhaltspunkte, dass die im klinischen Bild auffällige Persönlichkeitsstruktur mit hohem Selbstanspruch, eigene Bindungserfahrungen sowie das Körperbild bedeutsam für die Entstehung einer PPD sind. Dem wird im weiteren Verlauf der Studie verstärkt nachgegangen, ebenso wie den neuronalen Korrelaten. |