Nieschlag E et al. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Externe Qualitätskontrolle der Deutschen Gesellschaft für Andrologie (QuaDeGA): Die ersten 20 Jahre // Extern quality control of the German Society for Andrology (QuaDeGA): The first 20 years Journal für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie - Journal of Reproductive Medicine and Endocrinology 2022; 19 (4): 190-193 Volltext (PDF) Volltext (HTML) Summary Keywords: Ejakulatanalyse, Externe Qualitätskontrolle, Spermiogramm Externe Qualitätskontrolle der Deutschen Gesellschaft für Andrologie (QuaDeGA): Die ersten 20 JahreE. Nieschlag, T. Pock, B. Hellenkemper Eingelangt und angenommen am 23. August 2022 (verantwortlicher Rubrik-Herausgeber: F.-M. Köhn, München) Externe Qualitätskontrolle der Deutschen Gesellschaft für Andrologie (QuaDeGA), c/o: Centrum für Reproduktionsmedizin und Andrologie, Universitätsklinik Münster Korrespondenzadresse: Univ.-Prof. em. Dr. med. Dr. h.c. Eberhard Nieschlag, ehemaliger Direktor des Instituts für Reproduktionsmedizin, Emeritus am Centrum für Reproduktionsmedizin und Andrologie des Universitätsklinikums Münster, D-48129 Münster, Domagkstraße 11; E-Mail: Eberhard.Nieschlag@ukmuenster.de Um zuverlässige Ergebnisse bei der Ejakulatdiagnostik zu generieren, ist eine umfassende interne und externe Qualitätskontrolle der Andrologielabore und Kinderwunschzentren notwendig. Seit 2011 ist jedes Labor, das humane Ejakulatuntersuchungen durchführt, zur Teilnahme an einer externen Qualitätskontrolle verpflichtet. Die Richtlinien der Bundesärztekammer (RiLi-BÄK) schreiben vor, dass die Bestimmungen der Spermienkonzentration, Motilität und Morphologie entsprechend dem gültigen Handbuch der WHO durchgeführt werden. Gegenwärtig nehmen etwa 700 Labore an den QuaDeGA-Ringversuchen teil. Die Ringversuche zeigen über die letzten Jahre nur geringe Fortschritte bei der Bestehensquote der teilnehmenden Labore. Die Ergebnisse der Ringversuche und durchgeführte Umfragen der QuaDeGA legen nahe, dass es bei den Teilnehmern der Ringversuche noch Optimierungs-Potential bei der Ejakulatuntersuchung gibt. Dies schließt u. a. die Anschaffung einfacher Laborausstattung, Aus- und Fortbildung von Mitarbeitern und eine WHO-konforme Durchführung der Analysen mit ein. Schlüsselwörter: Ejakulatanalyse, Spermiogramm, Externe Qualitätskontrolle Extern quality control of the German Society for Andrology (QuaDeGA): The first 20 years. In order to produce reliable results of semen analysis internal and external quality of andrology laboratories and reproductive medicine centers is a pre-requisite. In Germany since 2011, all laboratories performing human semen analysis are obliged to participate in external quality programmes. Guidelines of the German Federal Medical Board require that sperm concentration, motility and morphology be performed according to the WHO manual and two ring trials are obligatory per year. Currently about 700 laboratories participate in the QuaDeGA ring trials. In recent years little progress could be noted in the positive results of the ring trials. Results of ring trials and opinion polls among the participants suggest that there is room for improvements, including internal quality control, proper equipment, techniques conforming to WHO standards and teaching courses. J Reproduktionsmed Endokrinol 2022; 19 (4): 190–3. Key words: ejaculate analysis, semen analysis, extern quality control Externe QualitätskontrolleAnthony A. Leeuwenhoeck, der Erfinder des Mikroskops, hat 1678 erstmals die Existenz von Spermien beschrieben und dazu auch morphologische Bilder veröffentlicht [1]. Damit war die Grundlage für die Ejakulatanalyse gelegt. Obwohl es inzwischen viele Funktionstests für Spermien gibt, ist auch nach 350 Jahren das Spermiogramm der wichtigste Parameter für die Untersuchung der männlichen Fertilität geblieben. Andrologielabore und Kinderwunschzentren müssen zuverlässige Resultate generieren, um eine gesicherte Diagnostik und gezielte Therapie zu gewährleisten. Die Ejakulatdiagnostik ist sehr komplex und schwierig zu standardisieren. Um systematische Fehler und hohe Variabilität der Ergebnisse zu erkennen und zu korrigieren, ist eine adäquate Qualitätskontrolle essentiell. Weltweit wurden seit den 1970er-Jahren Programme für die externe Qualitätskontrolle für alle medizinischen Laboratorien eingeführt. In Deutschland hat die Bundesärztekammer (BÄK) mit ihren Richtlinien (RiLi-BÄK) für Qualitätssicherung bei laboratoriumsmedizinischen Untersuchungen Vorgaben erlassen, die alle medizinischen Laboratorien befolgen müssen [2]. Damit soll eine Minimierung von Einflussgrößen und Störfaktoren in der Präanalytik, eine fachgerechte Durchführung der Untersuchungen und eine korrekte Zuordnung und Dokumentation der Ergebnisse erreicht werden. Die externe Qualitätssicherung wird durch Ringversuche in regelmäßigen Abständen und unter Routinebedingungen durchgeführt. Weil die Ejakulatanalyse sehr komplex und immer noch eine vorwiegend subjektive Methode ist, wurde die Qualitätskontrolle für die Ejakulatsanalyse erst im Jahr 2011 in die RiLi-BÄK aufgenommen [3, 4]. Voraus gingen Untersuchungen, die eine hohe Diskrepanz der Bestimmungsergebnisse der Spermienkonzentration und -morphologie identischer Proben zwischen verschiedenen Laboratorien und die Notwendigkeit einer effektiven Qualitätskontrolle der Ejakulatanalyse demonstrierten [5]. Den Anfang bildete eine Gruppe von etwa 20 Laboratorien, die sich an einer freiwilligen externen Qualitätskontrolle beteiligten. Diese Gruppe war bis zum Jahr 2010 auf etwa 250 Laboratorien angestiegen (Abb. 1) [6, 7]. Die Erfahrungen dieser Laboratorien dienten der BÄK als Modell für die RiLi-BÄK für die Ejakulatanalyse. Die WHO, die sich seit 1980 um die Standardisierung der Ejakulatanalyse bemüht und das inzwischen in 6 Auflagen eines Laborhandbuchs dokumentiert hatte, wurde als Grundlage der Methodik der Ejakulatanalyse allgemein angenommen [8]. Diese Laborhandbücher sind in der 2.–5. Auflage auch auf Deutsch erschienen [9]. Die QuaDeGA (Qualitätskontrollprogramm der Deutschen Gesellschaft für Andrologie [DGA]) wurde als Ausgründung der DGA in eine GmbH verwandelt und von der BÄK als Referenzinstitution anerkannt. Ringversuche der QuaDeGAIn Deutschland ist die Teilnahme an einer externen Qualitätskontrolle für jedes Labor verpflichtend, das Spermiogramme aus humanem Ejakulat erstellt [2]. Dieses externe Qualitätskontrollprogramm umfasst die Bestimmung der Spermienkonzentration, der Beweglichkeit der Spermien und der Morphologie. Pro Jahr werden zwei Ringversuche mit jeweils zwei unterschiedlichen Proben ausgesandt. Aus den fixierten Proben soll die Spermienkonzentration erstellt werden und aus den mitgelieferten Nativausstrichen nach laboreigener Anfärbung wird der prozentuale Anteil der morphologisch normalgeformten Spermatozoen bestimmt. Für die Motilitätsbestimmung dienen Zielsequenzen nativer Ejakulatpräparate, die für die Ringversuchsteilnehmer aus der Internet-Plattform abrufbar sind. Die Auswertung wird mittels Youden-Plots dargestellt, wobei die Zielfenster aus den Medianwerten zwischen 2,5 und 97,5 (perzentil) ausgewählter Labore gebildet werden, die streng nach den Richtlinien der WHO arbeiten (Abb. 2). Die Ringversuchsteilnehmer, die mit ihren Messwerten für die Progressivmotilität, Morphologie und Konzentration innerhalb des Zielbereichs liegen, erhalten ein Zertifikat über das Bestehen der Qualitätskontrolle. Nur Laboratorien mit einem gültigen Zertifikat können Kostenerstattungen durch die Krankenkassen beanspruchen. Ein gültiges Zertifikat gilt für ein Jahr, sodass ein Labor, das kein Zertifikat beim letzten Ringversuch erhalten hat, bis zum nächsten Ringversuch weiterarbeiten kann. Erst wenn beim nächsten Ringversuch kein Zertifikat erreicht wird, kann nicht mehr abgerechnet werden. Diese Regel gibt eine Chance, dass bis zum nächsten Ringversuch die Fehler behoben werden können. Seit mehreren Jahren liefert QuaDeGA Proben an etwa 700 Labore. Im Schnitt reichen 5 % der belieferten Labore keine Ergebnisse ein. Zu Beginn der Corona-Pandemie 2020 war der Prozentsatz geringfügig höher. Abbildung 3 zeigt die geographische Verteilung der Teilnehmer in Deutschland. Etwa 80–90 Labore aus dem Ausland nehmen regelmäßig und „freiwillig“ an den Ringversuchen teil, die offensichtlich von der externen Qualitätskontrolle profitieren (Tab. 1). Die QuaDeGA unterhält eine Homepage (https://www.quadega.de), die auf Deutsch und Englisch zu lesen ist. Darin werden der Zweck und die Organisation der QuaDeGA beschrieben, es werden häufig gestellte Fragen beantwortet und neue Nachrichten ins Netz gestellt. Als Beispiel für aktuelle Nachrichten sei eine Diskrepanz zwischen der Motilitätsbeurteilung der 5. und 6. Auflage des WHO-Handbuches genannt und wie QuaDeGA darauf zunächst reagiert hat. Die Homepage informiert auch über die aktuellen Gebühren zur Teilnahme an den Ringversuchen. Standardisierung der LabortechnikenSeit dem Jahre 2011 schwankt der Anteil der teilnehmenden Labore, die ein Zertifikat erhalten, zwischen 67 und 85 %. In den letzten Jahren lag der Prozentsatz um 80 % (Abb. 4). Es ist also eine gewisse Verbesserung festzustellen, die jetzt aber stagniert. Da die Standardisierung der angewandten Methoden eine wichtige Voraussetzung für vergleichbare Ergebnisse ist, haben die Organisatoren der QuaDeGA-Ringversuche Umfragen nach den verwendeten Techniken bei den einzelnen Laboren gemacht [10]. Die Umfragen fanden in den Jahren 2017 [11] und 2019 statt, eine 3. Umfrage aus 2022 befindet sich noch in der Auswertung. Eine Zusammenstellung der wichtigsten Ergebnisse liefert Tabelle 2. Überraschend ist die Tatsache, dass sich viele Labore nicht an die Leitlinie der WHO halten, die allgemein als Standard anerkannt ist und von der BÄK vorgeschrieben wird [4]. Obwohl die meisten Labore das WHO-Laborhandbuch vorrätig haben, heißt das nicht, dass sich alle an die WHO-Vorgaben halten. Zwar ist ein gewisser Fortschritt gegenüber den ersten 10 QuaDeGA-Jahren zu verzeichnen, wo der Anteil der WHO-konformen Labore nur 8 % betrug [7], aber auch die heutigen 17 % reichen noch nicht, um von einer erfolgreichen Standardisierung zu sprechen. Manche Labore haben zwischen 2017 und 2019 die notwendigen Geräte angeschafft, aber 25 % arbeiten immer noch mit nicht adäquatem Gerät. Das von der WHO empfohlene Diluent wird zwar von mehr, aber nicht von allen Laboren benutzt. Ein kleiner Anteil der Labore hat die verbesserte Neubauer-Kammer eingeführt, sodass der Prozentsatz zuletzt bei 65 % lag. Kaum verändert hat sich die Rate des Einsatzes der von der WHO empfohlenen Färbemethoden. Erfreulich hoch ist die Auszählung von mindestens 200 Spermien, um die Morphologie zu beurteilen, nämlich 81 und 85 %. Überraschend ist auch, dass viele Labore keine interne Qualitätskontrolle durchführen, der Anteil hat von 77 auf 68 % noch abgenommen! Die Bedeutung der internen Qualitätskontrolle demonstriert die Auswertung der Umfrage 2017: Von den Teilnehmern, die keine interne Qualitätskontrolle ausführen, haben nur 74 % ein Zertifikat erhalten, wohingegen die Teilnehmer mit interner Qualitätskontrolle zu 92 % ein Zertifikat erhalten haben. Wegen ihrer Wichtigkeit sei noch einmal betont, dass die interne Qualitätskontrolle der konstanten Aufrechterhaltung hoher Standards dient und hilft, Fehler zu vermeiden, die durch wechselndes Personal entstehen können. Zur internen Qualitätskontrolle gehört die regelmäßige Bestimmung von Intra- und Inter-Labormitarbeiter-Variationskoeffizienten bei der Bestimmung der Spermienkonzentration, -motilität und -morphologie der gleichen Probe durch verschiedene Personen [12]. Spezielle Vorgaben für die interne Qualitätskontrolle bestehen für Labore in Deutschland. Die Richtlinie B4 der Bundesärztekammer [2] regelt die Qualitätssicherung für Ejakulatanalysen und verpflichtet jedes Labor, das Spermiogramme erstellt, eine interne (und externe) Qualitätskontrolle durchzuführen. Wege zur Verbesserung der ErgebnisseDa die Ejakulatanalyse in den meisten MTA-Schulen nicht zum Lehrplan gehört, müsste diese Lücke geschlossen und in das Curriculum der Schulen aufgenommen werden. Auch Ärzte und Biologen haben kaum Gelegenheiten, sich mit der Materie in der Ausbildung vertraut zu machen. Umso wichtiger sind Spermiogramm-Kurse für Postgraduierte. Diese Kurse müssen nicht nur theoretisch abgehalten werden, sondern vor allem die Praxis der Ejakulatanalyse zum Gegenstand haben. Wir konnten zeigen, dass Teilnehmer an praxisorientierten Kursen, die bisher kein Zertifikat in der externen Qualitätskontrolle erhalten hatten, nach dem Besuch des Kurses ein Zertifikat erhielten. Leider sind die Kurse während der Corona-Pandemie nur selten durchgeführt worden, sollten aber sobald wie möglich wieder aufgenommen werden. Wie oben ausgeführt, gehört eine strikte Befolgung der WHO-Richtlinien zur Ejakulatanalyse, um vergleichbare und valide Ergebnisse zu erzielen. Dazu gehört auch, dass die benutzten Geräte den Vorgaben entsprechen. Ferner müssen auch die präanalytischen Kriterien eingehalten werden. Dazu gehört auch das möglichst genaue Dokumentieren der Karenzzeit. Ärztekammern und gesetzlich und private Krankenkassen sollten rigoroser überprüfen, ob ein gültiges Zertifikat vorliegt. Damit würde ein entscheidender Anreiz vermittelt, gute Resultate zu produzieren. Ein weiterer Anreiz würde geschaffen, wenn die Ejakulatanalyse von den ärztlichen Gebührenordnungen und den Krankenkassen adäquat honoriert würde. Denn die gegenwärtigen Honorare decken kaum die Kosten für ein Spermiogramm. Insbesondere wird der Personalaufwand kaum berücksichtigt. Vor ca. 40 Jahren sind die verschiedensten computerassistierten Geräte (CASA) auf den Markt gekommen. Die wenigsten sind robust genug, um in der täglichen Routine eingesetzt zu werden. Es wäre wünschenswert, wenn endlich für die tägliche Praxis geeignete und erschwingliche Geräte zu Verfügung ständen. Standardisierung und Qualitätskontrolle der Methodik der Ejakulatsanalytik sind unabdingbare Voraussetzungen, um vergleichbare Ergebnissen zu generieren. Erst dann kann darüber diskutiert werden, wie valide Spermiogramme als Parameter für die männliche Fertilität [13, 14] sind, ob eine „Spermienkrise“ tatsächlich existiert [15] und ob Spermien als Biomarker für die Lebenserwartung geeignet sind [16]. InteressenkonfliktDie Autoren sind Beschäftigte der QuaDeGA GmbH. Literatur:
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